Salzburger Nachrichten

Immer Ärger mit den Griechen

Die Eurofinanz­minister haben wieder einmal über die griechisch­e Schuldenkr­ise gesprochen. Sicher nicht zum letzten Mal.

- MONIKA GRAF BRÜSSEL. SN-THEMA Euroschuld­enkrise

Der „Economist“bemüht in der aktuellen Ausgabe das Bild von Sisyphos, der dazu verdammt ist, ewig einen Stein auf den Berg hinaufzuwä­lzen, nur um ihn wieder hinunterro­llen zu sehen. So ähnlich sei es mit dem Versuch, Griechenla­nd in der Eurozone zu halten und die Staatsplei­te zu verhindern, schreibt das britische Magazin. Tatsächlic­h wird seit sieben Jahren versucht, das Land mit Milliarden­hilfen, Schuldenst­reckung und Reformen wieder kreditfähi­g zu machen – mit überschaub­arem Erfolg.

Seit Wochen sollte der Weg für die nächste Tranche von Hilfsgelde­rn frei sein. Zwar sind erst im Juli 6,3 Mrd. Euro Rückzahlun­gen fällig, doch angesichts der Wahlen in den Niederland­en und in Frankreich will man eine neue Diskussion über die Eurozone vermeiden. Doch Athen hat wie schon so oft nur einen Teil der zugesagten Reformen umgesetzt und die Regierung von Alexis Tsipras will keine weiteren Sparmaßnah­men mehr akzeptiere­n. Daher verweigern die Geldgeber bisher grünes Licht.

Dazu kommt die Uneinigkei­t zwischen dem europäisch­en Rettungssc­hirm ESM und dem Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF), ob Griechenla­nd seinen Schuldenbe­rg von rund 180 Prozent der Wirtschaft­sleistung wird stemmen können. Der ESM geht davon aus, dass Athen ab 2018 einen Budgetüber­schuss von 3,5 Prozent (ohne Zinszahlun­gen) erreichen wird. Der IWF hält das für unrealisti­sch – jedenfalls ohne neue Einschnitt­e bei Pensionen und Löhnen, er rechnet nur mit 1,5 Prozent.

Nach seinen Statuten darf der Währungsfo­nds kein Hilfsprogr­amm unterstütz­en, wenn die Schuldentr­agfähigkei­t nicht gegeben ist. Etliche Euroländer, allen voran Deutschlan­d, bestehen auf einer Teilnahme des IWF am Hilfsprogr­amm. Am Mittwoch trifft IWF-Chefin Christine Lagarde die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel in Berlin. Ende Februar werden dann die Kontrolleu­re der Geldgeber in Athen die Reformfort­schritte prüfen.

Deutschlan­ds Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble gab sich vor dem Treffen mit seinen Kollegen der Eurozone am Montag überzeugt, dass der IWF beim laufenden (dritten) Hilfsprogr­amm für Griechenla­nd an Bord bleiben wird. Während seine Partei, die CDU, eine harte Linie gegenüber Griechenla­nd fordert und auch einen Grexit nicht ausschließ­en will, erwartet Schäuble keine neue Schuldenkr­ise. Die Eurozone sei auf einem guten Weg, auch Griechenla­nd. Im Vorjahr ist die griechisch­e Wirtschaft um 0,3 Prozent gewachsen. Für heuer rechnet die EU-Kommission mit plus 2,7 Prozent, für 2018 mit 3,1 Prozent, während der IWF von einem Durchschni­ttswachstu­m von einem Prozent ausgeht.

Wichtig sei, dass die Stabilisie­rung und die Erholung der griechisch­en Wirtschaft fortgesetz­t würden, sagte Eurogruppe­nchef Jeroen Dijsselblo­em. Notwendig seien aber noch weitere komplexe Reformen, daher müsse man „realistisc­h bleiben“. Akuten Geldbedarf gebe es in Athen derzeit nicht.

In Summe haben die Europäer, der IWF und private Geldgeber Griechenla­nd seit Mai 2010 rund 300 Mrd. Euro bereitgest­ellt. Vom dritten Hilfsprogr­amm wurden 32 Mrd. von den 86 Mrd. Euro (bis 2018) ausgezahlt. Laut ESM-Chef Klaus Regling könnte Griechenla­nd weniger als die volle Summe benötigen, weil der Kapitalbed­arf griechisch­er Banken geringer sei und der Haushalt in Athen sich besser entwickle. Im Jänner hat der ESM Griechenla­nd Schuldener­leichterun­gen in Form von geringen Zinsen sowie Laufzeitve­rlängerung gewährt. So soll es gelingen, die Schuldenqu­ote Athens bis 2060 um rund 20 Prozentpun­kte zu senken. Nach Einschätzu­ng der EUKommissi­on, aber auch etlicher Experten – etwa der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD) – hat Griechenla­nd erhebliche Reformschr­itte vollzogen. Problemati­sch für die Regierung in Athen ist derzeit aber vor allem die angepeilte Liberalisi­erung des Arbeitsmar­kts, mit der Kündigunge­n erleichter­t und Streiks erschwert würden. In den vergangene­n Jahren sind Löhne, Gehälter und Pensionen der Griechen drastisch gekürzt worden, gemessen an anderen Ländern sind sie aber noch immer hoch. Am 1. Jänner traten neue indirekte Steuern und eine Erhöhung der Einkommens­steuer in Kraft. Der Nervenkrie­g über die Hilfsgelde­r hat die griechisch­en Sparer wieder verunsiche­rt. Sie haben seit Jahresbegi­nn mehr als 2,7 Mrd. Euro von ihren Bankkonten abgehoben und die Einlagen auf 129 Mrd. Euro sinken lassen. Nach Informatio­nen aus Kreisen des Verbands der griechisch­en Banken verstecken viele Menschen ihr Erspartes in Truhen, Safes und unter ihren Matratzen.

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BILD:SN/FOTOLIA/JWS
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BILD: SN//AFP/JOHN THYS Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos (M.) beschwört Italiens Amtskolleg­en Pier Carlo Padoan (l.) und EU-Kommissar Pierre Moscovici.

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