Immer Ärger mit den Griechen
Die Eurofinanzminister haben wieder einmal über die griechische Schuldenkrise gesprochen. Sicher nicht zum letzten Mal.
Der „Economist“bemüht in der aktuellen Ausgabe das Bild von Sisyphos, der dazu verdammt ist, ewig einen Stein auf den Berg hinaufzuwälzen, nur um ihn wieder hinunterrollen zu sehen. So ähnlich sei es mit dem Versuch, Griechenland in der Eurozone zu halten und die Staatspleite zu verhindern, schreibt das britische Magazin. Tatsächlich wird seit sieben Jahren versucht, das Land mit Milliardenhilfen, Schuldenstreckung und Reformen wieder kreditfähig zu machen – mit überschaubarem Erfolg.
Seit Wochen sollte der Weg für die nächste Tranche von Hilfsgeldern frei sein. Zwar sind erst im Juli 6,3 Mrd. Euro Rückzahlungen fällig, doch angesichts der Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich will man eine neue Diskussion über die Eurozone vermeiden. Doch Athen hat wie schon so oft nur einen Teil der zugesagten Reformen umgesetzt und die Regierung von Alexis Tsipras will keine weiteren Sparmaßnahmen mehr akzeptieren. Daher verweigern die Geldgeber bisher grünes Licht.
Dazu kommt die Uneinigkeit zwischen dem europäischen Rettungsschirm ESM und dem Internationalen Währungsfonds (IWF), ob Griechenland seinen Schuldenberg von rund 180 Prozent der Wirtschaftsleistung wird stemmen können. Der ESM geht davon aus, dass Athen ab 2018 einen Budgetüberschuss von 3,5 Prozent (ohne Zinszahlungen) erreichen wird. Der IWF hält das für unrealistisch – jedenfalls ohne neue Einschnitte bei Pensionen und Löhnen, er rechnet nur mit 1,5 Prozent.
Nach seinen Statuten darf der Währungsfonds kein Hilfsprogramm unterstützen, wenn die Schuldentragfähigkeit nicht gegeben ist. Etliche Euroländer, allen voran Deutschland, bestehen auf einer Teilnahme des IWF am Hilfsprogramm. Am Mittwoch trifft IWF-Chefin Christine Lagarde die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Ende Februar werden dann die Kontrolleure der Geldgeber in Athen die Reformfortschritte prüfen.
Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble gab sich vor dem Treffen mit seinen Kollegen der Eurozone am Montag überzeugt, dass der IWF beim laufenden (dritten) Hilfsprogramm für Griechenland an Bord bleiben wird. Während seine Partei, die CDU, eine harte Linie gegenüber Griechenland fordert und auch einen Grexit nicht ausschließen will, erwartet Schäuble keine neue Schuldenkrise. Die Eurozone sei auf einem guten Weg, auch Griechenland. Im Vorjahr ist die griechische Wirtschaft um 0,3 Prozent gewachsen. Für heuer rechnet die EU-Kommission mit plus 2,7 Prozent, für 2018 mit 3,1 Prozent, während der IWF von einem Durchschnittswachstum von einem Prozent ausgeht.
Wichtig sei, dass die Stabilisierung und die Erholung der griechischen Wirtschaft fortgesetzt würden, sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Notwendig seien aber noch weitere komplexe Reformen, daher müsse man „realistisch bleiben“. Akuten Geldbedarf gebe es in Athen derzeit nicht.
In Summe haben die Europäer, der IWF und private Geldgeber Griechenland seit Mai 2010 rund 300 Mrd. Euro bereitgestellt. Vom dritten Hilfsprogramm wurden 32 Mrd. von den 86 Mrd. Euro (bis 2018) ausgezahlt. Laut ESM-Chef Klaus Regling könnte Griechenland weniger als die volle Summe benötigen, weil der Kapitalbedarf griechischer Banken geringer sei und der Haushalt in Athen sich besser entwickle. Im Jänner hat der ESM Griechenland Schuldenerleichterungen in Form von geringen Zinsen sowie Laufzeitverlängerung gewährt. So soll es gelingen, die Schuldenquote Athens bis 2060 um rund 20 Prozentpunkte zu senken. Nach Einschätzung der EUKommission, aber auch etlicher Experten – etwa der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) – hat Griechenland erhebliche Reformschritte vollzogen. Problematisch für die Regierung in Athen ist derzeit aber vor allem die angepeilte Liberalisierung des Arbeitsmarkts, mit der Kündigungen erleichtert und Streiks erschwert würden. In den vergangenen Jahren sind Löhne, Gehälter und Pensionen der Griechen drastisch gekürzt worden, gemessen an anderen Ländern sind sie aber noch immer hoch. Am 1. Jänner traten neue indirekte Steuern und eine Erhöhung der Einkommenssteuer in Kraft. Der Nervenkrieg über die Hilfsgelder hat die griechischen Sparer wieder verunsichert. Sie haben seit Jahresbeginn mehr als 2,7 Mrd. Euro von ihren Bankkonten abgehoben und die Einlagen auf 129 Mrd. Euro sinken lassen. Nach Informationen aus Kreisen des Verbands der griechischen Banken verstecken viele Menschen ihr Erspartes in Truhen, Safes und unter ihren Matratzen.