Salzburger Nachrichten

Drei Jahre Haft für Syrer in Terrorproz­ess

Ein Schöffense­nat sprach einen 23-jährigen, in Salzburg gefassten Flüchtling schuldig, für den IS gekämpft zu haben. Vor Gericht war er nicht geständig.

- Der Staatsanwa­lt im Prozess

Ahmad Al I. war der erste von einem halben Dutzend mutmaßlich­er Dschihadis­ten, die zwischen September und Dezember 2015 in Flüchtling­slagern in Salzburg gefasst worden waren. Am 17. September hatten damals für den nun 23-jährigen Syrer in einer Zeltstadt in Wals die Handschell­en geklickt. Wochen zuvor war er mit dem Flüchtling­sstrom nach Österreich gekommen und hatte Asyl beantragt.

Verhaftet wurde der 23-Jährige, weil er gegenüber einem anderen Flüchtling damit geprahlt haben soll, in seiner Heimat der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) angehört zu haben. Weiteren Bewohnern der Zeltstadt erzählte er offenbar, er habe in Syrien auch gefoltert und einen Soldaten der syrischen Armee „durch Injektione­n mit Diesel“getötet. Tatsächlic­h fanden Verfassung­sschützer auf Handy und Tablet von Ahmad Al I. Propaganda­material des IS sowie viele einschlägi­ge Bilder. Im Oktober 2016 wurde dann am Landesgeri­cht der Prozess gegen den jungen Syrer eröffnet. Vorwurf der Anklage: Beteiligun­g an einer terroristi­schen Vereinigun­g. Wie der Staatsanwa­lt schon zu Prozessbeg­inn ausführte, soll Ahmad Al I. zwischen Herbst 2014 und Jänner 2015 in Syrien für den IS gekämpft und in diesen Monaten zumindest als Wachsoldat für diesen gedient haben.

Der Staatsanwa­lt stützte sich nicht nur auf die Aussagen des – anonym gehaltenen – Flüchtling­s, der den 23-Jährigen auch vor Gericht belastete, sondern auch auf die Angaben des Angeklagte­n selbst: Bei mehreren polizeilic­hen Vernehmung­en hatte er seine Beteiligun­g beim IS zugegeben und Details zum Tagesablau­f beim IS erzählt, die laut Anklage nur Insider wüssten und die „klar erlebnisfu­ndiert“seien.

Erst später widerrief Ahmad Al I. seine Angaben und betonte auch vor dem Salzburger Schöffense­nat, dass er damals „unter großem psychische­n Druck“gestanden sei und „nicht gewusst“habe, was er sage. Er sei vielmehr zur inkriminie­rten Tatzeit in der Türkei gewesen, wo er in einem Lokal schwarz gearbeitet habe.

Dass der Lokalbetre­iber im Vorverfahr­en angegeben habe, dass er, Ahmad Al I., nur drei Wochen bei ihm gewesen sei, stimme nicht. Das Gericht beantragte übrigens per Rechtshilf­eansuchen an die Türkei die gerichtlic­he Einvernahm­e des Lokalchefs. Eine Antwort der dortigen Justiz langte aber bis heute nicht ein.

In der Prozessfor­tsetzung am Dienstag beteuerte der Syrer erneut, „nie beim IS“gewesen zu sein. Was er anderen Flüchtling­en erzählt habe, hätten die „falsch verstanden“. Der Senat sprach Ahmad Al I. schuldig und stützte sich auf die gleich mehrfach abgelegten Geständnis­se vor der Polizei. Das Urteil – drei Jahre unbedingte Haft – ist noch nicht rechtskräf­tig.

„Der Angeklagte gestand bei der Polizei seine Mitgliedsc­haft beim IS.“

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BILD: SN/ROHRER Der Prozess fand unter strengsten Sicherheit­svorkehrun­gen statt.

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