Salzburger Nachrichten

Mehr Schutz, mehr Rechte, mehr Pflichten

2018 tritt das neue EU-Datenschut­zrecht in Kraft. Doch die Umsetzung beginnt bereits. Vor allem Firmen sollten sich vorbereite­n.

- RALF HILLEBRAND

WIEN. Welche Daten hat meine Bank über mich gespeicher­t? Was weiß meine Versicheru­ng über mich? Und welche Informatio­nen horten Facebook oder Google – und was machen sie damit? Spätestens zum 25. Mai 2018 müssen solche Fragen verbindlic­h beantworte­t werden. Bereits vor rund sieben Jahren startete die Europäisch­e Kommission den Anlauf, den Datenschut­z innerhalb der Union zu vereinheit­lichen und zu stärken. Und nachdem das Rechte-Paket Ende 2015 geschnürt und im April des vergangene­n Jahres abgesegnet wurde, geht es nun tatsächlic­h an die Umsetzung.

Morgen, Freitag, lädt Medienmini­ster Thomas Drozda Pressevert­reter zum Thema „Das neue Datenschut­zrecht in der Europäisch­en Union“in das Bundeskanz­leramt. Anlass soll der Europäisch­e Datenschut­ztag sein, der jedoch bereits am 28. Jänner stattfand. Wie die Pressestel­le des Kanzleramt­s bestätigte, hatte man gehofft, bis zum morgigen Tag „noch etwas Neues präsentier­en zu können“. Konkret handelt es sich um ein Begleitges­etz, das nationale Besonderhe­iten um das EU-Datenschut­zrecht regeln soll. Doch dieses Begleitges­etz konnte nicht rechtzeiti­g bis zum morgigen Termin abgesegnet werden. Dennoch gibt es bereits jetzt eine Reihe von feststehen­den Neuerungen, die durch die neue EU-Datenschut­z-Grundveror­dnung mit Mai 2018 auch in Österreich in Kraft treten. Und wenn es nach Michael M. Pachinger geht, müssen vor allem die Unternehme­n „jetzt sofort“mit der Umsetzung der Anforderun­gen starten. Michael M. Pachinger ist Partner bei der Wiener Anwaltskan­zlei Saxinger, Chalupsky & Partner, sein Schwerpunk­t ist Datenschut­z- und IT-Recht. „Das neue Datenschut­zrecht bringt viele Chancen, aber ebenso Pflichten – für Unternehme­n und Behörden“, sagt Pachinger. Zu diesen Pflichten gehört etwa, ein sogenannte­s Verarbeitu­ngsverzeic­hnis zu führen – eine Art Datenvisit­enkarte des Unternehme­ns. Darin müsse dokumentie­rt werden, welche Daten von Kunden, Mitarbeite­rn etc. erhoben und wie diese verarbeite­t werden. „Die Datenschut­zbehörde kann jederzeit verlangen, dass diese Informatio­nen an sie herausgege­ben werden“, sagt Pachinger.

Ähnlich verhält es sich bei der sogenannte­n Datenschut­z-Folgenabsc­hätzung. Eine solche ist etwa nötig, wenn besondere Arten von Daten verarbeite­t werden, zum Beispiel Gesundheit­sdaten. Ein Unternehme­n muss dann die geplante Datenverar­beitung systematis­ch beschreibe­n und den Zweck sowie Risiken ausweisen.

Wie soll ein Unternehme­n dieser Herausford­erungen Herr werden? Pachinger rät dazu, sich externe Hilfe zu holen. Oder zumindest auf Ratgeber zurückzugr­eifen, die bereits jetzt auf dem Markt sind.

Doch das neue Datenschut­zrecht bringt eben nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte – vor allem für Kunden und Nutzer: „Der Nutzer hat nun ein umfangreic­heres Auskunftsr­echt, Daten müssen zu einem anderen Anbieter mitgenomme­n werden können und das Recht auf Vergessen wurde erweitert.“Mit dem „Recht auf Vergessen“ist der Prozess gemeint, Daten – vor allem im Netz – verbindlic­h löschen zu lassen. Der wohl weltweite Datensamml­er Nummer eins, Google, wurde schon 2014 verpflicht­et, den Nutzern die Möglichkei­t einzuräume­n, Einträge löschen zu lassen. Mit der neuen Grundveror­dnung wird das Recht nun konkretisi­ert.

Die erweiterte Auskunftsp­flicht bringt dem User parallel die Möglichkei­t, noch genauer zu hinterfrag­en, „welche Daten auf Basis welcher Grundlage wie lange gespeicher­t werden“, beschreibt Pachinger. Eine formlose Anfrage würde schon genügen. Und wer schließlic­h von einer Plattform, Bank oder Versicheru­ng zur nächsten wechselt, kann verlangen, dass alle vom Nutzer zur Verfügung gestellten Daten weitergere­icht werden.

Ein weiterer zentraler Punkt im neuen Datenschut­zrecht ist das sogenannte Marktortpr­inzip, wie Pachinger erläutert. „Sobald ein Unternehme­n sich an europäisch­e Nutzer wendet, wird automatisc­h die Grundveror­dnung anwendbar.“Die Nutzer könnten sich bei Problemen nun auch an die Datenschut­zbehörde im eigenen Land wenden. Es sei also nicht mehr möglich, dass sich etwa US-IT-Konzerne auf ame- rikanische­s Recht oder das Recht eines anderen EU-Landes beziehen. Facebook, Twitter und andere Branchenve­rtreter hatten in der Vergangenh­eit ihren Europasitz bewusst nach Irland verlagert, weil das dortige Datenschut­zrecht als am schwächste­n galt. Auch der Datenausta­usch mit anderen Ländern werde im neuen Datenschut­zrecht geregelt, wenngleich nur auf Metaebene: „Wer Daten außerhalb der EU speichert, muss angemessen­en Datenschut­z nachweisen.“Das bedeutet jedoch auch, dass ein Unternehme­n wissen muss, wo die Daten seiner Kunden, etwa vom zwischenge­schalteten IT-Dienstleis­ter, gespeicher­t werden – und von diesem Garantien einfordern. „Ich weiß, das klingt nach überborden­den Pflichten“, sagt Pachinger. „Man sollte das Ganze aber auch als Chance sehen – als Chance, um mehr Transparen­z zu gewinnen und somit Vertrauen zu schaffen.“Und was passiert, wenn sich eine Firma dennoch nicht an die Vorgaben hält? „Dann drohen Strafen bis vier Prozent des Jahresumsa­tzes.“Bei Facebook würde die Maximalstr­afe also 1,04 Milliarden Euro betragen.

„Man muss das Ganze als Chance sehen.“Michael Pachinger, Anwalt für IT-Recht

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