Ballett half jungem Mann bei der Heilung
Dominik Vaida litt am Tourette-Syndrom, einer neurologischen Erkrankung. Er gab nie auf und eröffnete 2016 den Opernball.
WIEN. Wenn heute Abend der Opernball in Wien über die Bühne geht, werden Admira Vaida und ihr Sohn Dominik (19) die Liveübertragung im Fernsehen mitverfolgen. Sie werden daran denken, welchen Weg sie gemeinsam geschafft haben, bis Dominik den Opernball im Jahr 2016 als Balletttänzer eröffnete. Mit Blick auf seine Geschichte ist es eine einzigartige Leistung.
Als er fünf Jahre alt war, bemerkte seine Mutter zum ersten Mal seine Ticks. Er schnitt Grimassen, riss den Arm nach oben oder gab Laute von sich. Seine Mutter lief von Arzt zu Arzt, aber niemand konnte ihr helfen. Bis sie schließlich die niederschmetternde Diagnose erhielt: Ihr Sohn hatte Tourette-Syndrom.
Über ihre Erlebnisse schrieb Admira Vaida ein Buch mit dem Titel „Tick“(edition a) – ursprünglich für sie und ihre Familie. Doch als ihr Sohn am bisherigen Höhepunkt seiner Karriere anlangte, änderte sich das: „Nach dem Opernball 2016 hab ich ihr gesagt: Jetzt kannst du es veröffentlichen“, sagt Dominik. Seine Mutter ergänzt: „Er wollte zeigen, was er geschafft hat. Er wollte nicht als Versager dastehen, sondern einen krönenden Abschluss.“
Admira Vaida lässt sich vom Leben nicht unterkriegen. Und sie findet stets eine Lösung. Darum nenne man sie auch MacGyver, erzählt sie. Sie informierte sich im Internet, mischte ihrem Sohn KnoblauchCocktails und machte sogar eine Ausbildung zur Diplom-Krankenschwester. Sie war es auch, die ihn zur Aufnahmsprüfung in einer Musikschule anmeldete, wo er Klavier erlernte. Sie brachte ihn zur Aufnahmsprüfung für die Ballettschule der Wiener Staatsoper. Beides schaffte Dominik mit Bravour und er merkte: Mit dem Klavierspielen wurden seine Ticks besser. Beim Ballett verschwanden sie ganz.
Auch wenn er sehr unter dem Tourette-Syndrom gelitten hat, war es doch auch eine Antriebsfeder für ihn. „Ich bin froh, dass ich es nicht mehr habe, aber ich bin auch dankbar, dass ich es hatte.“Er will sich dafür einsetzen, dass TouretteKranken mehr Verständnis entgegengebracht wird: „Wenn man keine Kontrolle über den eigenen Körper hat, ist das sehr belastend.“Wichtig sei auch ein verständnisvolles Umfeld, ergänzt seine Mutter.
Sie ist stolz auf ihn – und Dominik ist stolz auf sie und ihr Buch. „An vieles kann ich mich gar nicht so gut erinnern, weil ich es auch vergessen wollte. Es hilft mir dabei, in die Vergangenheit zu schauen.“Er hofft aber auch, dass seine Geschichte andere motiviert und Vorbildwirkung hat: „Jeder Tourette-Kranke muss seine eigene Beschäftigung finden, bei der er spürt, dass er keine Ticks mehr hat.“
Für die Zukunft hat Dominik Vaida große Pläne: „Ich konzentriere mich aufs Tanzen, werde mein Bestes geben und würde gern weiter in der Wiener Staatsoper auf der Bühne stehen.“Und vielleicht wird er eines Tages seine Traumrolle tanzen – Prinz Siegfried in Tschaikowskys Schwanensee. Für alle Fälle hat er auch einen Plan B: Medizin zu studieren und sich auf das Gehirn zu spezialisieren.
„Er wollte zeigen, was er geschafft hat.“Admira Vaida, Mutter und Autorin