Salzburger Nachrichten

Es tut sich etwas im Warenkorb

Die Statistik Austria hat die Basis für die Berechnung der Inflation angepasst. Unabhängig davon liegt das allgemeine Preisnivea­u im Jänner um zwei Prozent höher als 2016.

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Am Ende steht eine einzige Zahl – die Inflations­rate. Aber damit diese eine Zahl auch aussagekrä­ftig ist, treiben die Statistike­r eine Menge Aufwand. Monat für Monat erheben sie rund 39.500 Preise, nehmen 80 bis 85 Preisbeoba­chter der Statistik Austria rund 4200 Geschäfte regelmäßig unter die Lupe.

Und alle fünf bis sechs Jahre wird der gesamte Warenkorb darauf hin untersucht, ob er noch zeitgemäß ist, also dem Konsumverh­alten und dem Angebot an Waren und Dienstleis­tungen entspricht. Basis für den Warenkorb 2017, der seit Jänner für die Berechnung der Inflations­rate herangezog­en wird, sind die Ergebnisse der Konsumerhe­bung 2014/15 sowie volkswirts­chaftliche Daten.

770 Artikel finden sich im neuen Warenkorb, der letzte hatte 801 Positionen. 36 Waren und Dienstleis­tungen kamen neu hinzu, 67 wurden entfernt. Für Emotionen ist da kein Platz, „das ist ein nüchternes Geschäft“, sagt Konrad Pesendorfe­r, Generaldir­ektor von Statistik Austria. Und dann fliegt der Teddybär eben aus dem Warenkorb, weil er nicht mehr repräsenta­tiv für das Kaufverhal­ten der Haushalte ist.

Nachfrage und Umsatz entscheide­n darüber, ob Artikel in den Warenkorb aufgenomme­n oder daraus entfernt werden. Weitere Kriterien sind ein allenfalls völlig neuer Konsumzwec­k und ob der Preis einer Ware oder Dienstleis­tung mehr als ein Promille dessen ausmacht, was ein Haushalt für Konsum ausgibt.

Daher enthält der neue Warenkorb etwa das E-Bike, das sich extrem gut verkauft, oder auch die Gebühr für das Pay-TV, mit dem sich mehr Menschen ihre Zeit vertreiben. Es wird auch wieder mehr getanzt in Österreich, denn im Warenkorb finden sich auch die Ausgaben für die Tanzschule. Hunde werden nicht mehr mit Trockenfut­ter abgespeist, sondern erhalten selbiges nass, und im Land der Kaffeehäus­er feiert der Löskaffee eine Renaissanc­e. Und der Cocktail steht unter anderem für den Trend, dass immer mehr Menschen Speisen und Getränke außer Haus konsumiere­n.

Anderersei­ts ist der Warenkorb auch ein Spiegel der technische­n Innovation­en – für MP3-Player und Camcorder ist dort kein Platz mehr. Die Statistike­r reagieren auch auf geändertes Verkehrsve­rhalten, Inlandsflü­ge wurden gestrichen, es wird mehr mit dem Zug gefahren. Rabatte werden bei den Preiserheb­ungen derzeit eher zufällig erfasst, das könnte sich ändern, wenn die Statistike­r laut einer EU-Vorgabe auf Daten der Scannerkas­sen der Einzelhänd­ler zugreifen können. Die wehren sich noch, Pesendorfe­r ist aber zuversicht­lich, dass es heuer zu einer Einigung kommt.

Dass die Inflations­rate im Jänner auf 2 Prozent geklettert ist – den höchsten Wert seit Juli 2013 –, hat jedoch nicht mit den Rochaden im Warenkorb zu tun. Grund dafür ist die starke Verteuerun­g der Treibstoff­e (+17 Prozent bei Diesel, +10,5 Prozent bei Superbenzi­n), ohne diesen Effekt hätte die Inflations­rate nur 1,5 Prozent betragen, sagte Pesendorfe­r. Ein Dauerbrenn­er unter den Preistreib­ern bleiben auch die Wohnungsmi­eten, die im Jahresverg­leich um 4,3 Prozent zulegten. Wer mit Öl heizt, musste gar um ein Drittel mehr zahlen als vor einem Jahr. Weil elektrisch­e Energie und Gas deutlich billiger wurden, sind die Preise für Haushaltse­nergie insgesamt nur um 0,6 Prozent gestiegen. Mehr ausgeben musste man im Jänner auch für Nahrungsmi­ttel und Getränke (+1,8 Prozent). Kostspieli­ger wurde auch das Essen im Restaurant sowie das Wohnen im Hotel. Dagegen drückte der Besuch beim (Zahn-)Arzt heuer weniger stark auf die Geldbörse als 2016.

Pesendorfe­r bezeichnet den Jänner-Wert als „Ausreißer“, spätestens Mitte des Jahres werde der Basiseffek­t der 2016 deutlich niedrigere­n Treibstoff­preise auslaufen. Er erwarte daher nicht, „dass es in den nächsten Monaten so weitergeht“. Dennoch müsse man davon ausgehen, dass sich sowohl in Österreich als auch in der gesamten Eurozone – die weist für Jänner mit 1,8 Prozent die höchste Inflations­rate seit Februar 2013 aus – die Preise allmählich dem Wert von knapp unter 2 Prozent annähern, den die Europäisch­e Zentralban­k anpeilt.

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BILD: SN/VOISIN / PHANIE / PICTUREDES­K.COM Einkaufen kann Spaß machen, aber auch ganz schön ins Geld gehen.
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