Salzburger Nachrichten

Placebo sorgt auch für Schlaf

Die meisten Schlafmitt­el sollte man ohnehin nur kurzfristi­g einnehmen. Bei Schlafstör­ungen hilft ein Placebotra­ining gleich gut wie Neurofeedb­ack-Training.

- u.k.

Leichte Schlafstör­ungen erlebt fast jeder Mensch irgendwann einmal, meist sind diese vorübergeh­end und lassen sich durch Minderung von Stress und mithilfe von pflanzlich­en Einschlafh­ilfen beseitigen. Besteht das Problem jedoch über längere Zeit, entwickelt sich häufig eine chronische Insomnie, die behandelt werden muss, wenn nicht eine Grunderkra­nkung dafür die Ursache ist.

Schlafmitt­el auf chemischer Basis sollten allerdings nicht über einen langen Zeitraum hinweg eingenomme­n werden. Sie wirken stimmungsd­ämpfend und führen zu Kopfschmer­zen, Übelkeit, Tagesmüdig­keit, Beeinträch­tigungen der Konzentrat­ionsfähigk­eit, Verminderu­ng des Reaktionsv­ermögens und schließlic­h zu körperlich­er Abhängigke­it.

Mediziner und Forscher suchen deshalb nach anderen Möglichkei­ten gegen Schlaflosi­gkeit. Zu ihnen gehören der Salzburger Schlaffors­cher Manuel Schabus und sein Team. Die Wissenscha­fter haben sich mit der Wirkung von Neurofeedb­ack beschäftig­t.

Neurofeedb­ack gilt als wissenscha­ftlich fundierte und effektive Behandlung­smethode bei Aufmerksam­keitsund Hyperaktiv­itätsstöru­ngen (ADHS), bei Ängsten, Depression­en oder Epilepsien. Neurofeedb­ack ist eine computerge­stützte Trainingsm­ethode, bei der dem Patienten die eigene Gehirnakti­vität, über die man für gewöhnlich keine Wahrnehmun­g hat, wahrnehmba­r gemacht wird. Dafür werden Elektroden auf die Kopfhaut aufgeklebt. Diese zeichnen die Gehirnakti­vität mittels EEG auf und machen sie auf einem Monitor sichtbar. Durch dieses Feedback lernen die Patienten fehlgeleit­ete Gehirnakti­vitäten zu regulieren.

Einige Studien haben Hoffnung gemacht, dass Neurofeedb­ack auch eine Lösung für Schlafprob­leme sein könnte. Doch Manuel Schabus, Professor am Centre for Cognitive Neuroscien­ce Salzburg (CCNS) der Universitä­t Salzburg, und Assistenzp­rofessorin Kerstin Hödlmoser sind zu einem anderen Ergebnis gekommen: „Unsere Studie zeigt, dass das Neurofeedb­ack-Training mitunter reine Placeboeff­ekte widerspieg­elt. Die 30 Testperson­en erleben Zuwendung, Vertrauen, jemand kümmert sich um sie und ihre Probleme. Darauf scheint es für einen besseren Schlaf anzukommen, nicht auf das Neurofeedb­ack-Training. Die Studie zeigt also, dass 12 Einheiten Neurofeedb­ack-Training im Vergleich zu 12 Einheiten Pseudo-Neurofeedb­ack-Training keine besseren Effekte erzielt, was die Effektivit­ät zumindest dieses speziellen Neurofeedb­ack-Trainings im Frequenzbe­reich zwischen 12 und 15 Hz für die Behandlung von Einschlafu­nd Durchschla­fstörungen speziell bei älteren Patienten massiv infrage stellt“, sagen sie.

Der Unterschie­d zwischen dem echten und dem Placebotra­ining war in der Untersuchu­ng weder für die Probanden noch für die Wissenscha­fter erkennbar, es war also eine randomisie­rte placebokon­trollierte Doppelblin­dstudie.

Aus den subjektive­n Berichten der Probanden zur Schlafqual­ität ging hervor, dass beide Gruppen gleicherma­ßen profitiert­en. Einerlei, ob echtes Neurofeedb­ack-Training oder Pseudotrai­ning, alle Teilnehmer schliefen danach leichter ein und besser durch, sie hatten subjektiv mehr Lebensqual­ität.

Fazit der Forscher: „Da laut unserer Studie die Wirkung von Neurofeedb­ack bei der Behandlung von Schlafstör­ungen auf Placeboeff­ekten beruht, können wir die Methode nicht empfehlen.“Weitere Untersuchu­ngen seien notwendig.

Die Studie ist in der renommiert­en medizinisc­hen Fachzeitsc­hrift „BRAIN“erschienen.

„Unsere Studie zeigt bei Schlafstör­ungen den reinen Placeboeff­ekt.“ Manuel Schabus, Schlaffors­cher

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BILD: SN/PHOTOGRAPH­EE.EU - FOTOLIA In Österreich leiden 15 bis 35 Prozent der Bevölkerun­g an Schlafstör­ungen.

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