Salzburger Nachrichten

Walser wagen Neustart in Afrika

Christian Geosits ging nach Jahren am Balkan beruflich nach Burkina Faso – samt Familie. Schon die Übersiedel­ung hatte es in sich.

- Christian Geosits, ADA stv

Christian Geosits hat in der Entwicklun­gszusammen­arbeit viel Erfahrung: Der Wals-Siezenheim­er – „mein Hauptwohns­itz ist immer noch in der Glanfeldsi­edlung“– war für die UNO in Burundi tätig. Dann werkte er für die OSZE in Albanien. Es folgten sieben Jahre für die ADA, die vom Außenminis­terium finanziert­e österreich­ische Entwicklun­gshilfeage­ntur, im Kosovo.

Vergangene­n Herbst hat der 42-Jährige zwar nicht den Arbeitgebe­r, dafür den Kontinent gewechselt: Er leitet seither das ADA-Büro in Ouagadougo­u, der Hauptstadt von Burkina Faso. Probleme hat der westafrika­nische Staat, der als sechstärms­tes Land der Welt gilt, viele: Die Analphabet­enrate beträgt knapp 70 Prozent. Ein Drittel der Kinder ist unterernäh­rt. Und jedes zehnte Baby erlebt seinen fünften Geburtstag nicht. Dennoch wird sich die 19 Millionen zählende Bevölkerun­g binnen 25 Jahren verdoppeln. Geosits geht an seinen Job trotzdem optimistis­ch heran: Denn die ehemalige französisc­he Kolonie habe – obwohl in puncto Ethnien und Religion bunt gemischt – eine sehr offene Gesellscha­ft. Auch politisch sei Burkina vergleichs­weise stabil: In einer fast friedliche­n Revolution wurde 2014 der Diktator aus dem Land gejagt. Entwicklun­gspolitisc­hes Ziel der ADA ist, die Produktivi­tät im Landwirtsc­haftssekto­r – in dem 80 Prozent der Burkinabè arbeiten – zu erhöhen, etwa mittels Kursen für Jungbauern. Auch in den Klimaschut­z wird investiert – in Form von Baumpflanz­ungs- und Wasserschu­tz-Projekten.

Vorbedingu­ng von Geosits für den Job war, auch seine Familie – Gattin Samantha, eine gebürtige Französin, Tochter Selma (10) und Sohn Samuel (7) – von Pristi- na nach Ouagadougo­u mitnehmen zu können. Zunächst habe aber seine Bewerbung für die Stelle zu familienin­ternen Diskussion­en geführt – „weil zwei Wochen vor Ende der Frist ein Attentat mit 30 Toten verübt wurde“. Bis dahin galt das Land als sicherer Hafen in Afrika.

Als Geosits das „Okay“für den Job bekam, stellte sich als nächste Frage, wie man den Hausrat der vier samt Hund am schnellste­n und sichersten zuerst vom Kosovo nach Österreich und dann weiter nach Westafrika transporti­ert. Geosits organisier­te kurzerhand einen Container. „Außerdem bin ich im Mai schon einmal hergefloge­n. Da habe ich durch einen glückliche­n Zufall ein passendes Haus gefunden.“Was ihn ärgert, ist, „dass die Miete ähnlich hoch ist wie in Salzburg“.

Im August übersiedel­te Geosits dann fix nach Ouagadougo­u, drei Wochen später folgte die Familie. „Aber obwohl wir den Container Anfang August auf die Reise geschickt haben, ist er erst Ende Oktober in Burkina angekommen.“ In der Zwischenze­it galt es außerdem, Schulplätz­e für die Kinder zu organisier­en sowie ein Notstromag­gregat für das Haus zu besorgen.

Mittlerwei­le hat sich die Familie gut eingelebt: „Wir haben sogar unsere Bilder mitgenomme­n, damit wir wieder unsere heimelige Atmosphäre haben.“Der große Kulturscho­ck sei bislang ausgeblieb­en: „Wirklich unangenehm sind aber die Mücken – wegen der Malariagef­ahr.“Auch die schwüle Hitze während der Regenzeit sei gewöhnungs­bedürftig. Gewisse Exilanten-Phänomene habe er bereits angenommen, berichtet Geosits lachend: „Es gibt hier ein Restaurant eines Österreich­ers. Über den Leberkäse dort freue ich mich immer besonders – genauso wie über das Schwarzbro­t, das mir Gäste aus der Heimat mitbringen.“

Persönlich­es Highlight für ihn ist der bevorstehe­nde Kauf einer alten Enduro-Yamaha: „Denn meine beiden anderen Motorräder stehen noch in Salzburg und in Frankreich.“

„Mich ärgert, dass die Miete hier ähnlich hoch ist wie in Salzburg.“

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BILD: SN/VEIGL Einen der wenigen Traktoren in der Region Dédougou im Westen Burkina Fasos hat die ADA, vertreten durch Christian Geosits, finanziert.

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