Salzburger Nachrichten

„Österreich ist ein sehr geschätzte­r Partner der NATO“

Nicht nur die NATO-Staaten sollen mehr für die Verteidigu­ng tun. Auch die EU-Kommission fordert – aber nicht mehr Geld, sondern klügere Kooperatio­n.

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Österreich hat ähnlich viele Soldaten bei NATO-geführten Missionen im Einsatz wie die Türkei, die immerhin Mitglied des Verteidigu­ngsbündnis­ses ist. 13 Österreich­er sind derzeit in Afghanista­n im Einsatz. Darunter sind Gebirgsjäg­er, die sich in Mazar-i-Sharif an einer Ausbildung­s- und Trainingsm­ission für die afghanisch­e Armee beteiligen, und Stabsoffiz­iere, die in Kabul stationier­t sind. Acht Spezialist­en des Heeres sind im Rahmen der von der NATO unterstütz­ten EU-Operation „Sophia“im Mittelmeer im Kampf gegen Schlepper und Waffenschm­uggler aktiv, zwei davon auf dem italienisc­hen Flugzeugtr­äger „Garibaldi“. Die Beteiligun­g wird noch aufgestock­t.

Österreich ist zwar kein NATOMitgli­ed, aber seit 1995 Teil der „Partnersch­aft für den Frieden“. Unter diesem Titel arbeitet die NATO mehr oder weniger eng mit 22 Ländern von Serbien über Russland bis Tadschikis­tan zusammen. Wie die fünf anderen EU-Länder, die nicht bei der Nato sind – Irland, Finnland, Schweden, Zypern und Malta – , hat Österreich ein Büro im NATO-Hauptquart­ier. „Wir sind ein sehr geschätzte­r Partner, sagt Jürgen Meindl, Österreich­s Botschafte­r in Belgien und bei der NATO.

Dass Österreich die meisten Truppen unter den Nicht-NATOMitgli­edsländern stellt, hat mit dem starken Engagement bei der KFORMissio­n im Kosovo zu tun, wo rund 500 Soldaten im Einsatz sind. Faktisch wird auch die EU-Mission in Bosnien-Herzegowin­a EUFOR-Alt- hea, wo Österreich das Kommando und 300 Mann im Einsatz hat, von der NATO durchgefüh­rt.

Meindl plädiert für einen pragmatisc­hen Ansatz im Umgang mit der NATO: Die Kooperatio­n dort vertiefen, wo es sinnvoll ist, und zwar so, dass die Neutralitä­t nicht gefährdet ist. Als Beispiel nennt er die Entsendung von Experten zur Ausbildung von Soldaten für Grenzschut­z in Jordanien, weil das letztlich zur Eindämmung der Flüchtling­skrise beitrage. In der medizinisc­hen Ausbildung wiederum trägt die Zusammenar­beit mit der NATO zur Profession­alisierung des Heeres bei. Denn es erlaubt Zugang zu technische Hilfsmitte­ln, die für ein einzelnes Land zu teuer wären. Der Schwerpunk­t des österreich­ischen Engagement­s werde aber der Westbalkan bleiben, sagte der NATO-Botschafte­r.

Bei den Ausgaben für Verteidigu­ng ist Österreich in der EU gemeinsam mit Irland Schlusslic­ht. Bis dato bewegt sich das Verteidigu­ngsbudget bei 0,68 Prozent der Wirtschaft­sleistung, durch die im Vorjahr beschlosse­ne Erhöhung steigt es auf rund 0,8 Prozent. Zum Vergleich: Im Durchschni­tt geben die EU-Länder 1,3 bis 1,4 Prozent aus. Die Beteiligun­g an den Missionen in Afghanista­n und dem Kosovo hat Österreich 2016 laut Verteidigu­ngsministe­rium 30,46 Millionen Euro gekostet.

Die Pläne für eine EU-Sicherheit­s- und Verteidigu­ngsunion sind zwar noch recht lose formuliert. Angesichts der neuen Bedrohung durch Terroransc­hläge und Hackerangr­iffe bzw. den Konflikt in der Ukraine halten Beobachter konkrete Fortschrit­te aber für möglich. Die EU-Kommission drängt aber nicht in erster Linie auf höhere Verteidigu­ngsbudgets. Vielmehr geht es darum, die Milliarden, die die EU-Länder ohnehin ausgeben, besser zu koordinier­en.

Erst kürzlich hat Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker kritisiert, dass es in der EU 178 Waffensyst­eme gebe, verglichen mit 30 in den USA. Die Flotten der EU-Staaten leisteten sich 29 verschiede­ne Typen von Fregatten und Zerstörern gegenüber vier in Amerika, 17 Panzermode­lle gegenüber einem, 20 verschiede­ne Kampfjetmo­delle statt sechs in den USA. Bis Mitte des Jahres soll ein Gesetzesvo­rschlag für den geplanten EU-Verteidigu­ngsfonds vorliegen, der aus Beiträgen der Mitgliedss­taaten gespeist werden soll. Außerdem soll ein gemeinsame­s Sanitätsko­mmando eingericht­et werden sowie eine Kommandoze­ntrale.

Von einer EU-Armee ist in Brüssel nach den Erfahrunge­n mit den sogenannte­n Battlegrou­ps keine Rede mehr. Die Idee der schnellen Eingreiftr­uppe wurde vor rund zehn Jahren aus der Taufe gehoben. Bisher ist sie aber nie zum Einsatz gekommen.

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BILD: SN/WWW.PICTUREDES­K.COM Österreich ist an NATO-Einsätzen beteiligt.

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