Beim Musizieren reißt der Himmel auf
Stolpert da ein Engel über die Kante? Oder hält er sich eh an der Wolke fest? Barock führt uns oft auf den Grat zwischen kitschig und fantastisch.
SALZBURG. Da schlägt ein nackertes Engelein mit flatternden Flügelein die Pauke. Ein großer Engel spielt barfüßig die Orgel und wirft einen verklärten Blick über seine Schulter ins Irgendwo. Und obendrüber! Bemüßigt sich da ein Engelein, dem – Achtung: nackt! – ein Tuch um die Lenden fliegt, gar noch als Dirigent?
So ein Barockplafond birgt Kitschgefahr. Doch wer harmlos hinschaut, der kann seine Fantasie aufs Feinste in Schwung bringen. Paul Troger ist hier gelungen, was andere Maler vor und zu seiner Zeit in mühsamer Tüftelei erfunden haben: beim Schauen das Hören evozieren und unter steinerner Decke den luftigen Himmel spüren. Wer diesem hurtigen Orchester samt der abenteuerlichen Haltung fürs Spiel der Viola da Gamba zuschaut, wird die Botschaft vernehmen: Musizieren reißt den Himmel auf.
Dass und was solche Kapazunder wie Paul Troger, Johann Michael Rottmayr und Martin Johann Schmidt, der „Kremser Schmidt“, für und in Salzburg gemalt haben, macht eine kleine Ausstellung im Nordoratorium des Domes ab heute, Freitag, deutlich. Dass die allesamt frisch renovierten Gemälde so etwas wie ein „amuse oeil“– also ein Augenkitzel – für das Salzburger Schaffen des Dreigestirns sind, zeigt ein Stadtplan, der die mit deren Kunst bestückten Bauten hervorhebt. So ließe sich diese Ausstellung zum Ausgangspunkt für einen barocken Spaziergang nehmen. Und beim Blick auf den Plan werden auch die Auftraggeber deutlich.
Werke des Kremser Schmidt sind in St. Peter und in Maria Plain, denn der Niederösterreicher wirkte – nach Angaben von Kuratorin Regina Kaltenbrunner – 25 Jahre im Dienste des Erzstifts. Die Ausstellung zeigt zwei Entwürfe für den Hochaltar der Stiftskirche – einen verworfenen, einen realisierten. Tatsächlich hat Abt Beda Seeauer den besseren gewählt: jenen, der den Blick zur lichten, freudigen Madonna lenkt. Der andere zeigt zwei traurige alte Männer und deren dräuende Martyrien: das Kreuz für Petrus, das Schwert für Paulus.
Johann Michael Rottmayr war der Einzige der drei, der aus Salzburg stammte, nämlich aus Laufen. Weil ihn Fürsterzbischöfe beauftragten, malte er in den Prunkräumen der Residenz. Dass seine Werke in der St.-Johann-Spitalskirche, Kollegien- und Dreifaltigkeitskirche sind, passt zur Freundschaft mit Johann Bernhard Fischer von Erlach.
Warum malte Paul Troger fürs Salzburger Rathaus? Auftraggeber war Karl Wilhelmseder (1681–1755). Der stammte aus Tittmoning und errang in Salzburg mit einer „Spezerey-Waaren-Handlung“Wohlstand und Ehefrau. Erst wurde er Armensäckelverwalter, dann Stadtkämmerer, Generalsteuereinnehmer und 1741 Bürgermeister. Weil er sich in der Bürgerspitalskirche beisetzen ließ, gab er zu seinem Grab gleich einen ganzen Dreikönigsaltar bei Paul Troger in Auftrag
Weil die nun im Nordoratorium gezeigten Bilder über den Winter im Louvre waren, ist der Katalog zu der in Paris mit Zeichnungen und Preziosenmonstranz angereicherten Barockausstellung jetzt auf Deutsch erschienen.