Die Baustellen im Gesundheitssystem Ärztemangel, Sparzwang und Impfmüdigkeit
Konflikte
Die neue Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner kann sich über Mangel an Baustellen in ihrem Ressort nicht beklagen. Vor allem die Ärztekammer hat sich in den vergangenen Jahren zu einer massiven Kritikerin und Gegnerin der Gesundheitspolitik der Regierung entwickelt.
Weniger
Ein Grund für den Ärger der Mediziner ist die Entscheidung des Nationalrats, die Steigerung der Gesundheitsausgaben weiter zu deckeln. In den kommenden Jahren sollen diese pro Jahr maximal um 3,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wachsen dürfen. Die Ärzte weisen darauf hin, dass dadurch in den kommenden Jahren etliche Milliarden Euro weniger im Gesundheitsbereich zur Verfügung stehen werden. Dies berge die Gefahr, dass nicht mehr alle Menschen in Österreich nach dem letzten Stand der Wissenschaft behandelt werden könnten, meint die Ärztekammer. Der Weg in die ZweiKlassen-Medizin sei programmiert, weil sich wohlhabendere Menschen diese Leistungen am freien Markt kaufen würden. Die Ärzte fürchten außerdem die Abschaffung der Hausärzte durch die neu geplanten Primärversorgungszentren. Dies sei ein Schlag gegen den Arzt als freier Beruf und ein Schritt zur Staatsmedizin.
Begehren
Ihren Protest haben die Ärzte durch die tageweise Schließung der Ordinationen bereits öffentlichkeitswirksam kundgetan. Auch ein Volksbegehren „SOS Medizin“wird von der niederösterreichischen Ärztekammer vorbereiten. Andere Maßnahmen haben die Mediziner ebenfalls in Opposition zur Gesundheitspolitik gebracht. Etwa die Einführung der elektronischen Gesundheitsakte ELGA. Diese sei nicht praxistauglich und die Datensicherheit sei nicht gewährleistet, sagt die Ärztekammer. Verärgert ist die Kammer weiters, dass die Regierung beschlossen hat, anonyme Kontrollen in den Arztpraxen durchzuführen. Die Kammer spricht von einem „staatlichen Spitzelwesen“.
Mangel
Ein Thema, mit dem sich die neue Gesundheitsministerin ebenfalls wird herumschlagen müssen, ist der drohende Ärztemangel. In Österreich wird es immer schwieriger, frei werdenden Arztstellen zu besetzen, sowohl in den Spitälern als auch im niedergelassenen Bereich. Gründe dafür gibt es viele: Zum einen bildet Österreich zu wenige Mediziner aus – ein Drittel aller Studienplätze an den öffentlichen Universitäten ist EU-Ausländern vorbehalten und die gehen nach Abschluss ihrer Ausbildung meist in ihr Heimatland zurück. Zum anderen nehmen viele österreichische Mediziner Angebote aus Deutschland oder der Schweiz an, weil sie dort bessere Arbeitsbedingungen vorfinden.
Gesund
Auch um den Gesundheitszustand der Österreicherinnen und Österreicher wird sich Rendi-Wagner kümmern müssen. Österreicher leben zwar deutlich länger als der Durchschnitt der EU-Bevölkerung, allerdings nicht besonders gesund. Österreicher werden um zwei Jahre früher krank als der durchschnittliche EU-Bürger. Ursachen dafür gibt es viele, etwa Übergewicht und zu wenig Bewegung. In Österreich wird zudem deutlich mehr geraucht als in anderen Ländern der Europäischen Union. Vor allem bei Jugendlichen ist der Tabakkonsum viel zu hoch.
Impfen
Impfen ist ebenfalls ein Thema, dem sich Rendi-Wagner annehmen muss. Immer mehr Österreicher sind impfmüde. Bei vielen Krankheiten liegt die Durchimpfungsrate deutlich unter den Werten, die Gesundheitsexperten empfehlen und die notwendig sind, um Epidemien zu unterbinden.