Salzburger Nachrichten

Kein Recht auf humanitäre­s Visum

Asylbewerb­er können weiter nicht auf legale Einreise in die EU hoffen.

- SN, Dpa

Paolo Mengozzi, Generalanw­alt am Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH), hat Anfang Februar mit einem Gutachten für Furore gesorgt, in dem er feststellt­e: EU-Länder müssten Schutzbedü­rftigen eigentlich humanitäre Visa erteilen. Die Richter des EuGH widersprac­hen ihm gestern, Dienstag, in ihrem endgültige­n Urteil.

Bei dem Fall geht es um eine syrische Familie. Das Ehepaar, das mit seinen drei Kindern in Aleppo lebte, war im Oktober vergangene­n Jahres in den Libanon gereist, um an der belgischen Botschaft in Beirut Anträge auf humanitäre Visa in Belgien zu stellen. Das belgische Ausländera­mt lehnte die Anträge allerdings ab. Die Behörde argumentie­rte, dass sich die Familie länger als die mit einem Visum bewilligte­n 90 Tage in Belgien aufhalten wolle – schließlic­h wollten die Syrer dort Asylanträg­e stellen. Der EuGH bestätigte nun diese Rechtsausl­egung der belgischen Behörde. Die Richter verwiesen darauf, dass der EU-Visakodex nur für geplante Aufenthalt­e von höchstens drei Monaten gelte. Die Familie habe ihre Anträge aber in der Absicht gestellt, in Belgien Asyl zu beantragen – und damit einen längeren Aufenthalt­stitel zu erlangen.

Die belgische Regierung zeigte sich am Dienstag erleichter­t über das EuGH-Urteil. Staatssekr­etär Theo Francken schrieb auf Twitter: „Jaaa! Gewonnnen!“Er hatte wiederholt davor gewarnt, dass eine Visavergab­e an die Familie einen Präzedenzf­all schaffen könnte, mit dem EU-Staaten die Kontrolle über ihre Grenzen verlieren könnten.

Die Richter hielten in ihrem Urteil fest, dass die Anträge der syrischen Familie allein unter nationales, belgisches Recht fallen. Denn bisher gebe es kein EU-Gesetz, das die Vergabe von humanitäre­n Visa einheitlic­h regelt, so der EuGH.

Für die österreich­ische EU-Abgeordnet­e und Vizepräsid­entin des EU-Parlaments, Ulrike Lunacek, ist das „eine Tatsachenf­eststellun­g, aber keinesfall­s als eine generelle Absage an humanitäre Visa zu interpreti­eren“. Die Regierunge­n der EU-Länder seien gefordert, humanitäre Visa gesetzlich im EU-Recht zu verankern. Sie seien „effektive Mittel, um das Geschäft von Schleppern zu unterbinde­n“.

Der EuGH entscheide­t im Sinn der Belgier

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