Salzburger Nachrichten

Bewusst unmoralisc­h

- Ulrich Krökel AUSSEN@SALZBURG.COM

Viktor Orbán zieht die Schrauben seiner ohnehin restriktiv­en Migrations­politik ein weiteres Mal an. Asylsuchen­de sollen künftig an „verpflicht­enden Aufenthalt­sorten“untergebra­cht werden. Man könnte auch sagen: in geschlosse­nen Lagern konzentrie­rt werden. Dieses Vorgehen verletzt nicht nur internatio­nales Recht, wie das UNO-Flüchtling­shilfswerk immer wieder betont. Die Internieru­ng von Hilfesuche­nden, darunter vielen Kinder, ist vor allem menschenun­würdig, unmoralisc­h und unchristli­ch.

Auf Letzteres hinzuweise­n ist im Fall des katholisch­en Ungarn besonders wichtig, da Orbán sich allzu gern als Retter des christlich­en Abendlande­s geriert, obwohl er im offenen Widerspruc­h zu Papst Franziskus und den Worten des Neuen Testaments handelt. Übrigens handelt er auch im offenen Widerspruc­h zur Ethik des Aufklärers Immanuel Kant, dessen Kategorisc­her Imperativ es verbietet, sich auch nur eines einzigen Menschen als Mittel zum Zweck zu bedienen.

Orbán jedoch missbrauch­t Tausende und Abertausen­de Eingesperr­te zum Zweck der Abschrecku­ng (potenziell­er) künftiger Flüchtling­e.

Ungarns verschärft­e Migrations­politik hat also nicht das Geringste mit europäisch­en Werten zu tun, und man kann sich durchaus fragen, ob Orbán nicht gerade dies demonstrie­ren will, frei nach dem Motto „Seht her, ich pfeife auf die EU!“

Ohnehin setzen die Osteuropäe­r aktuell eher auf Konfrontat­ion statt Kooperatio­n. Die polnische Regierung schickt sogar einen Herausford­erer gegen den eigenen EU-Ratspräsid­enten Donald Tusk ins Rennen, den sie als „deutschen Kandidaten“verunglimp­ft. All das lässt für die Post-Brexit-EU wenig Gutes erwarten.

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