Salzburger Nachrichten

19-Jähriger stellte Bilder von Mord an Buben ins Darknet

Ein Neunjährig­er wurde im Ruhrgebiet erstochen. Als Tatverdäch­tiger gilt ein 19-Jähriger, der Bilder und Kommentare der Tat ins Netz gestellt haben soll. Und: Es könnte weitere Opfer geben.

- SN, dpa

Nach dem Mord an einem neunjährig­en Buben in Herne haben sich am Dienstagab­end die Ereignisse überschlag­en: Während die Polizei im Ruhrgebiet unter Hochdruck nach einem 19-jährigen Verdächtig­en fahndete – der die Tat mit Bildern in einem abgeschirm­ten Bereich des Internets, dem Darknet, dokumentie­rt haben soll – wurde ein mögliches zweites Verbrechen bekannt.

Ein User habe sich in einem Chat als der flüchtige Mörder des Neunjährig­en ausgegeben: „Ich habe mich in die Hand geschnitte­n, als ich das 120 kg Biest bekämpfte. Sie leistete mehr Widerstand als das Kind“, teilte die Polizei Bochum in einer Aussendung mit. Auch von Folter sei in dem Chattext die Rede, um an Daten für Bank, Computer und Telefon zu kommen. Die Polizei rief dazu auf, sich zu melden, falls eine Frau vermisst werde. „Wenn man dem Täter glaubt, müsste sich der Tatort des zweiten Verbrechen­s im Umkreis von 80 km um Herne befinden“, hieß es in der Mitteilung.

Die Polizei schließt nicht aus, dass es sich bei der Tatbeschre­ibung um eine Falschmeld­ung handelt. „Aber die Gefahrenla­ge macht es nötig, das ernst zu nehmen.“Nach Angaben der Ermittler seien zudem weitere Bilder aufgetauch­t, die womöglich dem Gesuchten zuzuordnen sind.

Auf die Spur des 19-Jährigen war die Polizei gekommen, als ein User des auch von vielen Kriminelle­n genutzten Darknets am Montag die Bilder des 19-Jährigen gesehen und die Polizei alarmiert hatte. Der Zeuge soll den Verdächtig­en und auch die Örtlichkei­ten kennen.

Als gesichert gilt bisher: Beamte fanden den toten Neunjährig­en am Montag gegen 20.30 Uhr erstochen im Keller eines Reihenhaus­es in einem am Rhein-Herne-Kanal gelegenen Wohngebiet. Der Verdächtig­e wohnt in der Nachbarsch­aft. Die Polizei veröffentl­ichte ein Fahndungsf­oto, warnte aber gleichzeit­ig davor, den jungen Mann anzusprech­en, man solle den Notruf wählen. Es sei nicht auszuschli­eßen, dass von ihm ein gewisses Gefährdung­spotenzial ausgehe, heißt es in dem Fahndungsa­ufruf.

Über den 19-Jährigen wisse man, dass er Kampfsport­ler sei. Es sei unklar, ob er bewaffnet sei. Zur Tatzeit trug er Tarnkleidu­ng. Der Verdächtig­e ist nach Angaben der Ermittler auf Bildern im Darknet, die den Mord an dem Neunjährig­en zeigen, klar erkennbar. Was ihn zu der Tat getrieben haben könnte, wollte ein Polizeispr­echer aus ermittlung­staktische­n Gründen nicht sagen.

Der laut Polizei arbeitslos­e 19Jährige mit abgeschlos­sener Schulausbi­ldung lebte zuletzt allein in einem Reihenhaus zwischen RheinHerne-Kanal und Emscher. Es sei wohl ein Umzug im Raum gestanden, die Eltern seien bereits nicht mehr dort gemeldet, berichtete der Polizeispr­echer. Auf der Suche nach dem Verdächtig­en wurden Hubschraub­er, Hunde und Bereitscha­ftspolizis­ten hinzugezog­en.

Nordrhein-Westfalens Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) appelliert­e am Dienstag, die Bilder nicht zu verbreiten. Diese machen „auch die Ermittler fassungslo­s“, sagte Jäger. Die Beamten hätten geschilder­t, so etwas noch nicht erlebt zu haben. Der gewaltsame Tod löste in Herne große Betroffenh­eit aus. „Hier spielen immer so viele Kinder“, sagte eine Frau. In der Schule des Buben waren Seelsorger im Einsatz. Auch die Eltern des Opfers erhielten psychologi­sche Betreuung.

Polizei warnt: Wer den Verdächtig­en sieht, soll ihn nicht ansprechen

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