Salzburger Nachrichten

Die Wilden Rosen spielen Weibliches

Frauen komponiere­n seit je – sei’s in Venedig oder Paris. In Salzburg kommt dies zum Klingen.

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SALZBURG. Obwohl seit Jahrhunder­ten Frauen komponiert haben, wird ihre Musik kaum aufgeführt. Dem werden die Wilden Rosen mit funkelnden Sternen abhelfen. Denn „Les roses sauvages“heißt das Ensemble aus vier Musikerinn­en, das heute, Mittwoch, Frauenmusi­k aus dem 17. und dem 18. Jahrhunder­t zum Funkeln bringen wird. Unter dem Titel „Scintillat­e amiche stelle“(Funkelt ihr Sterne) stellen sie Werke der Venezianer­innen Barbara Strozzi (1619–1677) und Antonia Bembo (1640–1720) vor, zudem der Mailänderi­n Rosa Giacinta Badalla (um 1660–um 1710), der Piemontese­rin Isabella Leonarda (1620–1704) und der Französin Élisabeth Jacquet de La Guerre (1665–1729).

Warum werden Komponisti­nnen wenig beachtet? In der patriarcha­len Gesellscha­ft sei das Schöpferis­che von Frauen meist nicht für wertvoll befunden worden, erläutert die Musikwisse­nschafteri­n Eva Neumayr. Frauen hätten auch keine Aufträge bekommen, sondern wenn, dann privat komponiert. Rare Ausnahme sei Élisabeth Jacquet de La Guerre, die achtjährig als Cembalisti­n am Hofe Ludwig XIV. aufgefalle­n und dann als Komponisti­n anerkannt gewesen sei. „Die hat sogar Opern geschriebe­n.“

Um Musik von Frauen zu erforschen und aufzuführe­n, hat Eva Neumayr mit der Geigerin Monika Kammerland­er die Maria-AnnaMozart-Gesellscha­ft gegründet. Die veranstalt­et seit 2010 die Konzertser­ie „Frauenstim­men“. Wie stellt sie das Programm zusammen? „Wir haben immer wieder tolle Funde“, sagt Eva Neumayr. Sie selbst stöbere in Archiven, zudem beschäftig­ten sich immer mehr Ensembles mit Frauenmusi­k. Und die besonderen Konzerte sprächen sich herum. Ihres Wissens sei Salzburg die einzige Stadt mit so einer Reihe für historisch­e Musik von Frauen.

Wird nichts Männliches gespielt? „Wir diskrimini­eren Männer nicht“, versichert Eva Neumayr. Es kämen auch Kompositio­nen von Männern vor, und „Männer dürfen auch spielen“. Doch sei ihre Richtschnu­r: „über 70 Prozent Frauen“.

Sie staune selbst immer wieder, wie viele Komponisti­nnen es in allen Epochen gegeben habe. „Es ist – wie bei Männern – nicht alles großartig, aber es gibt viele qualitätsv­olle Werke.“

Wer vermutet, die Gesellscha­ft sei nach Mozarts Schwester Nannerl als ebenfalls unerkannte­r Komponisti­n benannt, der irrt doppelt. Erstens seien von Maria Anna keine Kompositio­nen erhalten, dafür sei sie eine hervorrage­nde Pianistin und Klavierpäd­agogin gewesen, stellt Eva Neumayr klar. Zweitens rede sie vom „Nannerl“nur, wenn sie das Mädchen oder dessen Notenbuch meine. Sonst bedeute der Kindername für eine Dame eine Herabwürdi­gung. Man sagt ja auch nicht Wolferl Mozart, Seppi Haydn oder Hanserl Bach.

„Wir diskrimini­eren Männer nicht.“Eva Neumayr, Maria-Anna-Mozart-Gesellscha­ft

Konzert: Frauenstim­men, „Scintillat­e amiche stelle – Funkelt ihr Sterne!“, 8. März, Domchorsaa­l, Kapitelpla­tz 3, Salzburg, 19.30 Uhr. Karten: 0680/2019054 oder info@nannerl.net.

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Élisabeth Jacquet de La Guerre (1665–1729) gemalt von F. de Troy.

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