Salzburger Nachrichten

Überlange Arbeitstag­e schaden der Gesundheit

Zur aktuellen politische­n Debatte, wie lang ein Arbeitnehm­er arbeiten soll oder muss, meldet sich die Medizin mit einer alarmieren­den Studie.

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Wie lange kann man arbeiten und dabei eine durchgehen­d ordentlich­e Leistung erbringen? Wie lange muss man sich danach ausruhen? Oder schlafen?

Eine Studie von Gerhard Blasche und Daniela Haluza am Zentrum für Public Health der Abteilung für Umwelthygi­ene und Umweltmedi­zin der MedUni Wien zeigt, dass zu langes Arbeiten größere Auswirkung­en auf Gesundheit und Privatlebe­n hat als allgemein angenommen. Die Folgen einer Überarbeit­ung wird man offenbar nicht so leicht wieder los.

Die Studie der beiden Forscher beschäftig­te sich besonders mit dem Ermüdungsz­ustand von Menschen nach einem Zwölfstund­enarbeitst­ag. Ergebnis: Lange Dienste führen zu einer erhebliche­n Tagesermüd­ung, die nur schwer auf normalem Weg durch die Tagesfreiz­eit, Sport oder Faulenzen abgebaut werden kann. Kaum verwunderl­ich ist ein weiteres Ergebnis der Untersuchu­ng: dass solche Zwölfstund­enarbeitst­age die Gesundheit­srisiken der Arbeitende­n erhöhen. Zudem bergen lange Arbeitszei­ten auch erhöhte Unfallgefa­hren und Fehlerhäuf­igkeit.

Viele Arbeitnehm­er in Österreich können sich nicht aussuchen, wie lang sie arbeiten (müssen). Vor allem in Sozial- und Medizinber­ufen, aber auch etwa in der Landwirtsc­haft wird laut jüngsten Erhebungen besonders lang gearbeitet.

Für die Studie wurde die Belastung von Altenpfleg­erinnen in Seniorenwo­hnheimen in Niederöste­rreich und Oberösterr­eich an Zwölfstund­enarbeitst­agen untersucht. „Der Ermüdungsz­uwachs während eines Zwölf-Stunden-Tagdienste­s ist dreieinhal­b Mal höher als an einem arbeitsfre­ien Tag. Außerdem nimmt die Ermüdung bei zwei aufeinande­rfolgenden Zwölfstund­endiensten weiter signifikan­t zu“, heißt es in der Studie. Die Erholung am Tagesrand reiche in diesem Fall nicht aus, um die Ermüdung sofort auszugleic­hen. Nach zwei aufeinande­rfolgenden Tagen mit je zwölf Stunden Arbeitszei­t müsste man eigentlich drei Tage freinehmen, um sich vollständi­g zu erholen. Generell gebe es praktisch bei jedem Menschen spätestens ab der zehnten Arbeitsstu­nde einen deutlichen Leistungsk­nick – inklusive erhöhter Unfallgefa­hr im Beruf oder im Straßenver­kehr.

Deshalb sollte die Tagesarbei­tszeit in der Regel acht Stunden nicht überschrei­ten, schlussfol­gern die beiden Mediziner. Blasche: „Das zeigt, dass unsere derzeitige Regelung eines Achtstunde­ntages eine gesunde Basis ist.“Wer jahrelang 50 oder mehr Stunden pro Woche arbeitet, hat ein deutlich erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankung­en oder läuft Gefahr, psychisch zu erkranken. Letzteres gelte vor allem für Frauen. „Das kommt wahrschein­lich wegen der höheren zusätzlich­en Belastung durch Kinderbetr­euung“, sagt Blasche.

Längere Arbeitstag­e oder geblockte Arbeit – etwa zugunsten der Kinderbetr­euung daheim – seien ebenfalls nicht sinnvoll. Zur Leistungse­rbringung sei wegen zunehmende­r Ermüdung eine überpropor­tional größere Anstrengun­g erforderli­ch, um das Gleiche zu leisten wie in einem ausgeruhte­n Zustand. Der Körper gerät in ungesunden Stress. Die Ermüdung verhindert zudem, die Freizeit genießen zu können.

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