Der chinesische Großangriff auf Apple
Huawei produziert erst seit 2011 eigene Smartphones. Dennoch ist der chinesische Tech-Konzern bereits die Nummer drei auf dem Markt – weltweit und in Österreich. Aber die Ziele reichen noch viel weiter.
Ein Drittel der Weltbevölkerung nutzt seit Jahren Technik von Huawei – meist ohne es zu wissen. Der Riese aus Shenzhen mauserte sich nach der Gründung 1987 zum führenden Netzwerkausrüster, in Österreich basieren die Netze von A1, T-Mobile und „3“auf Huawei-Technologie. Im Interview erläutert Joe Kelly, Leiter der Global Corporate Communication bei Huawei, wieso eine Marktführerschaft nicht genug ist. Und wie man mit den Vorwürfen der Spionage umgeht. SN: Herr Kelly, 2012 sind Sie zu Huawei gewechselt. Hand aufs Herz: War Ihnen Huawei vorher überhaupt ein Begriff? Kelly: Ich habe zuvor für British Telecom gearbeitet – und da kam ich schon 2004 nach Shenzhen, weil wir einen Kooperationspartner gesucht haben. Dennoch konnte mich Huawei später noch überraschen. SN: Inwiefern? Ich kannte Huawei als ein chinesisches Unternehmen, das in Großbritannien tätig war. Aber ich habe die Größenordnung in China nicht wirklich begriffen. Und auch nicht das immense Wachstum seit 2004. SN: Alles begann eigentlich im ländlichen China, oder? Huawei hat zunächst Telefonanlagen weiterverkauft, bevor man selbst Netzwerktechnologie entwickelte. Dabei fokussierte man sich auf das ländliche China – im Gegensatz zur Konkurrenz. SN: Wieso folgte 2011 der Schritt zu Smartphones? Zumal nur Apple dort Top-Gewinne macht. Huawei hat schon zuvor Geräte auf White-Label-Basis produziert, sie wurden also anderen Anbietern zur Verfügung gestellt. 2011 sind wir also nicht in den Markt eingetreten. Wir sind nur erstmals mit unserer eigenen Marke aufgetreten. Und jetzt sind wir die Nummer drei. SN: Der Gewinn der Sparte soll jedoch deutlich geringer sein als erwartet . . . Am 31. März folgt die Präsentation des Jahresberichts 2016. SN: Stimmt es, dass man Weltmarktführer werden will? Ja, unser Ziel ist die Nummer eins. Niemand gibt die Nummer zwei oder drei als Ziel aus. Auch Ihr Ziel ist es sicher nicht, der zweit- oder drittbeste Journalist zu sein. SN: Und wann will man die Nummer eins werden? Vielleicht in fünf Jahren? Aber ich will kein genaues Datum ausgeben. Es wird nicht über Nacht passieren. Vor fünf Jahren waren wir noch nicht einmal in den Top Ten. SN: Ist geplant, sich noch in andere Segmente zu wagen? Wir setzen stark auf weitere Technologien, etwa im Bereich Internet of Things. Entwicklung ist uns wichtig. Wir bauen ja kaum noch etwas: Die Produktion ist ausgelagert. SN: Ja, primär an das chinesische Foxconn. Und Foxconn wird seit Jahren für seine Arbeitsbedingungen kritisiert . . . Ich glaube, das ist eine alte Geschichte. Ich weiß, dass sich Foxconn geändert hat. Aber eigentlich müssten Sie das Foxconn fragen.
„Wir wurden nie gebeten zu spionieren.“
SN: Na ja, Huawei muss schon im Blick haben, wie seine Lieferanten arbeiten, oder? Wir müssen ein akzeptables Niveau der Arbeitsbedingungen feststellen. Und wenn Lieferanten diese Standards nicht einhalten, sind sie keine Lieferanten mehr. SN: Ein weiterer Vorwurf ist jener der Spionage: Huawei soll für China spioniert haben. An diesen Vorwürfen war überhaupt nichts dran. Ja, es gab Anschuldigungen. Aber es gab nicht den Hauch eines Beweises. Wir wurden nie darum gebeten, für irgendein Land zu spionieren. SN: Aber es gibt einen starken Konnex zwischen Gründer Ren Zhengfei und der Kommunistischen Partei, oder? Jeder Großkonzern hat Beziehungen mit Regierungen. Spricht Mr. Ren mit der chinesischen Regierung? Ja, das tut er – ebenso wie er mit anderen Regierungen spricht. SN: Wo steht Huawei Österreich? Im Smartphone-Segment liegen wir bei einem Marktanteil von rund 20 Prozent. Und im Netzwerkbereich arbeiten wir mit allen großen Telekomprovidern zusammen. SN: Noch zu Ihrer Person: Wie schwer ist es für einen Iren, in China zu arbeiten? Als ich angekommen bin, ging ich in ein Café. Der Kellner sprach kein Englisch, ich kein Chinesisch – und ich dachte mir nur: Was habe ich getan? Aber von Tag zu Tag wurde es leichter. Ja, China ist anders. Aber ich beschwere mich nicht über die Unterschiede – ich zelebriere sie.