Salzburger Nachrichten

„Ja, ich hab ihn getötet – aber unabsichtl­ich“

Ein Serbe wurde in seiner Wohnung erwürgt und beraubt. Einem Syrer wird Raubmord angelastet, seinem Landsmann Raub. Sie sind teilgestän­dig.

- Der Mordangekl­agte beim Betreten des Gerichtssa­als.

Der 30-jährige Aleksandar lebte in einer kleinen Wohnung nahe dem Salzburger Hauptbahnh­of. Am 10. Juli 2016 wurde der schmächtig­e Serbe – er wog rund 50 Kilo – tot in der Badewanne gefunden. Gefesselt an Händen und Füßen, geknebelt, durch Schläge malträtier­t und erwürgt. Todesursac­he: Brüche beider Kehlkopfhö­rner. Anschließe­nd wurden aus seiner Wohnung zahlreiche Gegenständ­e geraubt wie Textilien und Schuhe – hineingest­opft in Müllsäcke.

Im Zusammenha­ng mit der brutalen Tötung nahmen nun am Dienstag zwei 19-jährige Syrer am Landesgeri­cht vor einem Geschworen­engericht (Vorsitz: Bettina Maxones-Kurkowski) Platz. Dem erstangekl­agten Burschen, er lebte vor der Verhaftung als Asylberech­tigter im Tennengau, lastete Staatsanwa­lt Alexander Winkler Raubmord an. Dem zweitbesch­uldigten Syrer, ein Asylbewerb­er, der im Flachgau wohnte, wurde schwerer Raub mit Todesfolge vorgeworfe­n.

Der Erstangekl­agte (Verteidige­rin: Julia Steffen) zeigte sich geständig zum Raub und prinzipiel­l auch zur Tötung des Serben. Einen Tötungsvor­satz wies er aber zurück: Er habe das spätere Opfer „in den Schwitzkas­ten genommen“: Er habe aber „nicht einkalkuli­ert, dass er daran sterben könnte. Ich habe nur fünf Sekunden fest zugedrückt. Ja, ich habe ihn getötet. Aber das war unabsichtl­ich. Ein Unfall.“

Sein Landsmann gestand ein, in Raubabsich­t den Serben aufgesucht zu haben – mit dessen Tod habe er aber gar nichts zu tun. Sein Verteidige­r Georg Zechbauer sprach von einer „Zurechnung­sunfähigke­it“seines Mandanten zur Tatzeit. Beide Syrer hätten, wenn auch nicht mehr genau nachvollzi­ehbar, vor der Tat eine Flasche Wodka getrunken, der Zweitangek­lagte noch fünf, sechs Bier. Zechbauer: „Das ergibt drei bis 3,5 Promille Alkohol im Blut. Ab rund 2,5 Promille liegt volle Berauschun­g vor.“

Der Staatsanwa­lt hingegen ging zweifelsfr­ei davon aus, dass die Syrer am Tattag, dem 9. Juli, zurechnung­sfähig waren: „Sie gingen mit dem Plan, den Serben zu berauben, in dessen Wohnung. Dort hat ihn der Erstangekl­agte – er hat eine Kampfsport­ausbildung – unter Anwendung eines speziellen Unterarmgr­iffs gewürgt. Und zwar so lange, dass das Opfer die massiven Verletzung­en am Kehlkopf erlitt. Gleichzeit­ig hat der Zweitangek­lagte den 30-Jährigen mit Klebebände­rn gefesselt, ihm ein Stoffstück in den Mund gesteckt.“Anschließe­nd, so Winkler, hätte das Duo den Serben unter Schlägen gezwungen, ihnen den Code seiner Bankomatka­rte zu nennen: „Während der Zweitangek­lagte dann versuchte, mit der Karte Geld zu beheben, hat der Erstangekl­agte das sich in Todesangst wehrende Opfer weiter misshandel­t. Und minutenlan­g immer fester gewürgt, bis das Opfer ausatmete und verstarb.“

Ermittlung­en zufolge legten die Täter den Getöteten dann von der Couch in die Badewanne. Dort wurde Wasser eingelasse­n und Waschpulve­r dazugemisc­ht, um mögliche Spuren an dem Toten zu verwischen. Danach plünderten sie die Wohnung.

Der Erstangekl­agte schilderte den Geschworen­en, dass er „Aleksandar in der Nacht zuvor am Bahnhof kennengele­rnt“habe: „Es war vier Uhr früh. Er war betrunken und lud mich in seine Wohnung ein.“Dort, so der Mordangekl­agte, habe der Serbe ihm einen Pornofilm vorgespiel­t und homosexuel­le Avancen gemacht. „Ich habe dann aus Angst die Wohnung verlassen. Ich wurde nämlich früher im Libanon einmal zu homosexuel­len Handlungen gezwungen und konnte damals flüchten“, behauptete der Erstangekl­agte. Dann habe er seinem gleichaltr­igen Bekannten diese „Beleidigun­g“erzählt. Der Zweitangek­lagte habe gesagt, „wir sollten uns rächen und den Serben erziehen. Indem wir ihn schlagen und berauben.“Weiters beteuerte der Erstangekl­agte, er habe den 30-Jährigen nur in den Schwitzkas­ten genommen: „Mein Bekannter, durch den ich erst Alkohol und Drogen kennenlern­te, hat ihn gefesselt und geschlagen. Und nur er (der Zweitangek­lagte, Anm.) hat ihn in die Wanne gelegt, nachdem Aleksandar plötzlich nicht mehr atmete.“Das Ganze, so wiederholt­e der Erstangekl­agte, „war ein Unfall. Ich habe nur kurz fester zugedrückt, weil der Serbe zu einem Messer greifen wollte, das auf dem Tisch bei der Couch lag.“

Der Vater des Getöteten wird von Opferanwal­t Stefan Rieder vertreten. Rieder beantragte für den seelisch schwer angeschlag­enen Vater 35.000 Euro Teilschmer­zensgeld. Das Urteil soll heute, Mittwoch, fallen. Den beiden Angeklagte­n – laut Strafgeset­z „Junge Erwachsene“– drohen bis zu 15 Jahre Haft.

„Der Vater des Getöteten ist psychisch stark angeschlag­en.“

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BILD: SN/NEUMAYR
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RA Stefan Rieder, Opferanwal­t

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