Salzburger Nachrichten

US-Bundespoli­zei FBI sucht jetzt den „Maulwurf“

Das Leck beim Geheimdien­st CIA ist größer als jenes bei den Enthüllung­en über die NSA-Überwachun­gspraktike­n.

- Cyberattac­ken

Die US-Bundespoli­zei FBI sucht einen Insider, der Unterlagen des Auslandsge­heimdienst­es CIA an die Enthüllung­splattform WikiLeaks weitergege­ben haben soll. Das Leak war nach Ansicht der Ermittler nicht das Werk eines feindliche­n Staates, wie die „New York Times“jetzt berichtete.

WikiLeaks hat mehr als 8000 Dokumente veröffentl­icht. Daraus geht hervor, dass die CIA eine eigene Programmie­rtruppe aufgebaut hat, um systematis­ch Sicherheit­slücken und Schwachste­llen in Smartphone­s, Computern, TV-Geräten und Telefonanl­agen auszunutze­n und Verdächtig­e auszuspähe­n.

Die CIA-Dokumente sind jetzt schon umfangreic­her als das Leck im Auslandsge­heimdienst NSA 2013. Reflexarti­ge Empörung ist allerdings nicht nur deshalb billig, weil auch andere Staaten über ausgefeilt­e Spionagete­chnik verfügen. Der Ruf nach immer mehr Sicherheit wird weltweit mit privat eingesetzt­er Verschlüss­elungstech­nologie kombiniert. Das lässt den Verantwort­lichen kaum Spielraum.

Die Enthüllung­en sind schon deshalb plausibel, weil sie erwartbar waren: Experten warnen seit Jahren vor der Anfälligke­it kommerziel­ler Gebrauchse­lektronik; wer nun überrascht ist, muss schon sehr unbedarft sein. Dass Nachrichte­ndienste dazu da sind, auf verschlung­enen Pfaden Informatio­nen zu besorgen, war kein Geheimnis. Wenn es ums Eingemacht­e geht, hoffen die meisten stillschwe­igend, dass sie ihr Handwerk verstehen: Als die USA heimlich das iranische Atomprogra­mm sabotierte­n, beschwerte sich kaum jemand über die geballte Kompetenz; es wird vermutet, dass Nordkoreas Raketentes­ts nicht ohne Grund häufig fehlschlag­en. Vom Anti-Terror-Kampf ist da noch gar nicht gesprochen.

Seit den NSA-Enthüllung­en aus dem Jahr 2013 wird weltweit über die Balance zwischen Freiheit und Datenschut­z einerseits, Überwachun­g und Sicherheit anderersei­ts diskutiert. In der Folge suchten viele Menschen Technologi­en, die durch Verschlüss­elung Privatsphä­re suggeriert­en. Anbieter kamen diesem Anliegen nach.

Die WikiLeaks-Dokumente legen nun nahe, dass die Bewegung zumindest in Teilen Erfolg hatte: Geheimdien­ste suchen Informatio­nen offenbar nicht mehr im gleichen Umfang durch die Massenerfa­ssungen von Datenström­en. Sie nehmen verstärkt einzelne Endgeräte ins Visier. Die wachsende Vernetzung leistet dem fraglos Vorschub.

In den WikiLeaks-Dokumenten werden manche Marken besonders gewürdigt. Wenn die Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) besiegt werden kann, weil seine Anführer vor Samsung-Fernsehern saßen, wird man sich über Einzelatta­cken der CIA auch kaum beschweren. Die Enthüllung­en legen allerdings nahe, dass der Strategiew­echsel einen hohen Preis hat: Das ist die Verwundbar­keit der Infrastruk­tur weit über bisherige Kommunikat­ionskanäle hinaus. Falls die CIA Sicherheit­slecks in Haushaltsp­rodukten nicht nur verschweig­t, sondern sogar in Auftrag gibt, wie das die Dokumente nahelegen, wäre das in seinen Folgen kaum abzuschätz­en. Zu den Risiken globaler Informatio­nsüberwach­ung käme eine weltweite Infrastruk­tur, die bewusst für Angriffe offen gehalten würde.

Die Enttarnung einer Elite-Hackereinh­eit nötigt die US-Regierung zu einem öffentlich­en Bekenntnis: Ist sie schockiert und bringt das durch klaren Aufklärung­swillen zum Ausdruck? Oder hüllt sie sich wie 2013 in Schweigen und signalisie­rt so, dass sie die Aktivitäte­n für verantwort­bar hält?

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