Die Heimkehr ins alte Kinderzimmer kann brutal sein
Danny Boyle kocht „Trainspotting“noch einmal auf: Junkie-Nostalgie für Midlife-Crisis-Geplagte und für Fans.
„Trainspotting“, das waren noch Zeiten! Die 1996 mit Minimalbudget gedrehte Irvine-Welsh-Verfilmung von Danny Boyle war so etwas wie die Coolness-Essenz der dreckigen Ecken der Neunzigerjahre. In Sachen Respekt- und Kompromisslosigkeit setzte Boyle damals Maßstäbe, mit einem legendären Soundtrack und aberwitzig „trippigen“Bildern von Kameramann Brian Tufano.
Doch seither sind zwanzig Jahre ins Land gegangen, und die Zeit war nicht freundlich zu den Verlierern, die sich damals in Edinburgh nonstop zudröhnten und dabei fast irrtümlich an eine Menge Geld kamen: Renton (Ewan McGregor) war damals mit dem Geld aus der Stadt geflohen, jetzt ist er zurück, um Papa zu besuchen, scheinbar gesegnet mit stabilem Familienleben und solidem Job.
Die Heimkehr ins alte Kinderzimmer ist brutal, doch gut, dass Renton wieder da ist, hält er doch seinen alten Kumpel Spud (Ewen Bremner) im letzten Moment davon ab, sich heimzudrehen. Weniger produktiv ist die Begegnung mit „Sick Boy“Simon (Jonny Lee Miller), der Renton seine Flucht nie vergeben hat, dafür aber inzwischen eine sehr scharfe Freundin und Geschäftspartnerin namens Veronika (Anjela Nedyalkova) hat. Simon will sein verkommenes Pub, das er von Papa geerbt hat, zu einem Nobelbordell umbauen und spitzt dabei auf seinen Anteil vom Geld, das ihm Renton immer noch schuldet. Aber das wirkliche Problem ist Begbie (Robert Carlyle), der immer noch im Häfen sitzt wegen der Sache damals. Und weil Begbie allmählich die Geduld ausgeht, bricht er aus und beginnt einen kompromisslosen Rachefeldzug.
„T2 Trainspotting“ist JunkieNostalgie mit Midlife-Crisis-geplagten Typen, die mit ihren Aggressionen und ihrer Antriebslosigkeit in jene Muster zurückfallen, die schon vor 20 Jahren destruktiv waren, und zwischendurch selbstmitleidigen Pathos verbreiten. Wer das mag, ist in diesem Film gut aufgehoben, die anderen können sich wenigstens am brauchbaren Soundtrack (Queen, Blondie und Iggy Pop, für die nachwachsende Generation aber auch Wolf Alice) erfreuen, und an der ziemlich gewollt originellen visuellen Umsetzung. Wie schon in „Trainspotting“ist auch diesmal die einzige nennenswerte Frauenrolle eine, die 15 Jahre jünger ist als alle anderen, von Beruf obendrein noch Prostituierte, formschön, goschert und überlebensfähiger als alle Männer zusammen – genau jenes ewige Heroinen-Klischee, das realen Frauen so gar nicht gerecht wird. Andererseits, wer will schon Realität, solange es Drogen gibt.
Kino: T2 Trainspotting. Drama, Großbritannien 2017. Regie: Danny Boyle. Mit Ewan McGregor, Jonny Lee Miller, Robert Carlyle, Ewen Bremner, Anjela Nedyalkova, Kelly Macdonald. Start: 10. März.