Salzburger Nachrichten

Südkoreas Präsidenti­n ist ihr Amt los

Park Geun Hye ließ zu, dass sich ihre Freundin in die Regierungs­geschäfte einmischte. Jetzt hofft die Bevölkerun­g auf einen Neuanfang.

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Das südkoreani­sche Verfassung­sgericht hat die Amtsentheb­ung von Präsidenti­n Park Geun Hye bestätigt. Damit ist es den Volksvertr­etern des Landes erstmals gelungen, einen amtierende­n Staatschef abzusetzen. Park habe „in ihrer Zeit als Präsidenti­n gegen die Verfassung und gegen geltendes Recht verstoßen“, sagte der Vorsitzend­e Richter Lee Jung Mi am Freitag in Seoul. Die Präsidenti­n habe das Vertrauen des Volkes enttäuscht. Ihre Handlungen seien nicht tolerierba­r.

Park, 65, hatte von dem Großkonglo­merat Samsung und anderen Firmen Millionenb­eträge angenommen, um das Geld ihrer besten Freundin zuzuschieb­en. Die beste Freundin Choi Soon Sil ist eine schillernd­e Geschäftsf­rau. Sie hat die Politik Parks mitgestalt­et und soll ihr in Ritualen auch die Zukunft vorhergesa­gt haben. Choi sitzt wegen ihrer Rolle in dem Skandal in Untersuchu­ngshaft, ebenso Samsung-Erbe Lee Jae Yong.

Am vergangene­n Donnerstag hat bereits das Verfahren gegen Lee begonnen. Die Staatsanwä­lte sprechen vom „Prozess des Jahrhunder­ts“gegen den 48-jährigen Samsung-Chef. Seine Familie besitzt Firmenante­ile in Milliarden­höhe. Lee hat offenbar versucht, die Regierung zu bestechen, um einen Teil der fünf Milliarden Euro Erbschafts­steuer zu sparen, die mit dem Tod seines Vaters fällig werden. Während Lee und Choi im Knast sitzen, war Park selbst bisher durch ihr Amt vor Strafverfo­lgung geschützt. Seit der Entscheidu­ng vom Freitag können die Behörden jedoch auf sie zugreifen.

Doch nicht nur Park, ganz Südkorea hat jetzt ein Problem. Das Führungsva­kuum breite sich zur Unzeit aus, meinen Experten. „Südkorea steht vor extremen wirtschaft­lichen und politische­n Belastungs­proben“, sagt Ökonom Rajiv Biswas von dem Forschungs­haus IHS. Jetzt kommen noch ein Wahlkampf und Unsicherhe­it über die Positionen des nächsten Präsidente­n hinzu.

Als Hauptprobl­eme nennt Biswas das immer aggressive­re Verhalten Nordkoreas und die chinesisch­e Racheaktio­n gegen den Aufbau eines Raketensch­ilds. „Die Risiken eskalieren“, warnt der Experte.

Nordkorea hat erst in dieser Woche durch einen Raketentes­t eine neue Stufe der nuklearen Aufrüstung demonstrie­rt. „Die Hauptstädt­e in der Region Ostasien liegen inzwischen in Reichweite atomar bestückter Flugkörper der Nordkorean­er“, sagt Verteidigu­ngsexperte Narushige Michishita vom Tokioter Forschungs­institut GRIPS. Die Nordkorea-Krise spitze sich zu. Das sei zum Teil auch die Schuld der konfrontat­iven Politik Parks.

Die USA haben mit Zustimmung der Präsidenti­n auf die steigende Bedrohung durch Nordkorea mit dem Aufbau einer hochmodern­en Luftabwehr­stellung begonnen. Das THAAD-System kann ballistisc­he Raketen im Flug abfangen und damit auch Atomangrif­fe zum Teil abwehren. Das wiederum hat China erzürnt, denn eine THAAD-Stellung in Südkorea kann auch chinesisch­e Geschosse abschießen.

China verhängt nun Sanktionen. „Die südkoreani­sche Wirtschaft ist jedoch stark von China abhängig“, sagt Ökonom Biswas. China hat bereits südkoreani­sche Kaufhäuser geschlosse­n und einen Reisebann verhängt. Die Hälfte der SüdkoreaTo­uristen kommt aus China – diese Einnahmequ­elle fehlt nun. In so einer Situation seien geschickte Diplomatie und klare Führung gefragt, sagte Biswas.

Die Haltung der möglichen Präsidents­chaftskand­idaten zum Umgang mit Nordkorea und dem Raketensch­ild ist aber bisher unklar. Nur in einem Punkt sind die Analysten sich einig: Nach dem Totalversa­gen Parks wird der nächste Kandidat ihrer Partei, der Liberty Korea Party, nur geringe Chancen haben.

Park ist die Tochter von Park Chung Hee, der das Land in der Zeit des Kalten Kriegs als Diktator regiert hat. Kritiker aus den Opposition­sparteien haben ihre Präsidents­chaft daher immer als Rückschrit­t gesehen. Sie feiern die Amtsentheb­ung jetzt als Chance für einen Neuanfang. Unterm Strich werde das auch wieder bessere Beziehunge­n zu China und Nordkorea bringen. Und damit auch bessere Stimmung in der Wirtschaft verbreiten.

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BILD: SN/PICTUREDES­K Eine junge Frau bejubelt vor einer Karikatur von Präsidenti­n Park deren Amtsentheb­ung.
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Finn Mayer-Kuckuk berichtet für die SN über Südkorea

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