Die Zukunft der EU muss warten
Was nach dem Brexit passiert, darf erst im Herbst diskutiert werden.
Am Freitag war beim EUGipfel dann plötzlich wieder alles normal. Ohne die britische Premierministerin Theresa May, aber offenbar mit reger Beteiligung der polnischen Regierungschefin Beata Szydło feilten die Staats- und Regierungschefs an der Erklärung für die 60-Jahr-Feier der römischen Verträge. Am Vortag hatte Szydło noch die Zustimmung zu den Gipfelbeschlüssen verweigert, weil trotz des Widerstands von Warschau der Pole Donald Tusk als Ratspräsident wiederbestellt worden war.
Beschlüsse wurden keine gefasst. Daher konnte Polen seine Blockadehaltung nicht wiederholen. Dass Polen auch bei der geplanten Feier in Rom Probleme machen könnte, wird nicht erwartet. Szydło habe ihre volle Unterstützung angekündigt, sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nach den Beratungen in Brüssel. Damit die demnächst 27 EU-Staats- und Regierungschefs ein Signal der Einigkeit aussenden können, dürfte aber noch einiges an Fingerspitzengefühl notwendig sein.
Die Frage, wie es mit der EU nach dem Austritt Großbritanniens weitergeht, wird bis zur Feier am 25. März in Rom nicht geklärt werden – und auch nicht in den nächsten Monaten. Zu groß sind die Differenzen zwischen den Befürwortern einer stärkeren Integration, bei der ähnlich wie beim Euro oder künftig bei Verteidigung nur einige Länder mitmachen, und den Verfechtern einer insgesamt loseren EU. Vor allem die osteuropäischen Ländern lehnen ein Europa der zwei Geschwindigkeiten ab. Andererseits wollen die EU-Chefs angesichts der anstehenden Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland den euroskeptischen Parteien nicht noch weiteren Aufwind durch eine EU-Debatte verschaffen. „Realistischerweise wird bis zum 24. September (der Termin für die Bundestagswahlen in Deutschland, Anm.) nichts passieren“, sagte ein Gipfelteilnehmer.
Die verschiedenen Szenarien hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vor zwei Wochen in einem Weißbuch zur Zukunft der EU vorgestellt. Konkrete Beschlüsse werden aber vorerst nicht erwartet.