Salzburger Nachrichten

Keine Freiheit für Freiheitsf­einde

- HELMUT.MUELLER@SALZBURG.COM

Liberale Demokratie­n sollten liberal sein. Aber unsere Demokratie­n müssen deswegen nicht dämlich sein. Falsch ist es gewesen, dass die Briten im Namen der Redefreihe­it jahrelang die schlimmste­n islamistis­chen Hasspredig­er haben gewähren lassen. Falsch ist es, wenn EU-Staaten heute im Namen der Meinungsfr­eiheit eine Bühne bieten für Wahlreden einer zusehends autokratis­chen türkischen Führung.

Die Höchstrich­ter in Karlsruhe haben soeben klargestel­lt, dass es natürlich keinen rechtliche­n Anspruch auf Wahlverans­taltungen türkischer Politiker in Deutschlan­d gibt. Weder nach den Regeln des Völkerrech­ts noch nach den Maßstäben des deutschen Grundgeset­zes. Meinungsfr­eiheit gilt demnach für einheimisc­he Privatpers­onen, aber nicht für ausländisc­he Staatsgäst­e, die in politische­r Funktion auftreten wollen.

Unsere Regierende­n können mit guten Gründen befinden, dass Wahlkampf ausländisc­her Politiker bei uns besser nicht stattfinde­n sollte. Weil das türkische Referendum den Weg in den EinMann-Staat ebnet, wie der Europarat konstatier­t. Weil das türkische Vorgehen in den Kurdengebi­eten eine Schreckens­bilanz hinterläss­t, wie die UNO beklagt. Unsere Demokratie­n bleiben auch dann Demokratie­n, wenn sie Auftritte von Präsident Erdoğan und seinen Gefolgsleu­ten untersagen. Nur die maßlose Rhetorik türkischer Politiker behauptet absurderwe­ise etwas anderes.

Die deutsche Regierung zögert mit klaren Verbotssch­ritten, weil sie im Verhältnis zu Ankara einen diplomatis­chen Scherbenha­ufen befürchtet und deshalb die aufgeheizt­e Debatte deeskalier­en will. Aber mit dem Entscheid aus Karlsruhe wächst der Druck auf Berlin. Ebenso durch Meinungsum­fragen, in welchen sich rund 90 Prozent der Bundesbürg­er gegen Wahlkampfa­uftritte türkischer Politiker wenden.

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Helmut L. Müller

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