Prospera regiert eine Insel der Frauen
können, dass man beim „AmaLuna“auf Vorbilder wie Shakespeares „Sturm“und Mozarts „Zauberflöte“zurückgriff, um eine Story zu stricken. So blieb es bei „Ähnlichkeiten durchaus beabsichtigt“, von einer Zauberinsel bis hin zu den Gefahren, die ein junges Liebespaar zu bestehen hat. Aber es ging ohnehin eher darum, hochprofessionelle Artisten und Artistengruppen einer losen Reihenfolge nach in die Manege zu schicken. Und das mit all dem Reizüberfluss, der den Cirque du Soleil dominiert. Allein die Auftrittsszene: fantastisch kostümiertes Personal, zwei Figuren schlagen Räder, dass jeder Pfau sofort zum Spiegel gestürzt wäre wegen plötzlicher Verunsicherung. Königin Prospera tritt auf und ist eine Art barocke Rocksängerin, lautstark begleitet von einer kostümierten DamenRockband, die den Abend über für Popatmosphäre sorgt. Auch das eines der Erfolgsgeheimnisse des Cirque, wo der gute alte Trommelwirbel des alten Zirkus, ehe ein todesmutiger Akrobat zum Anlauf ansetzt, ausgestorben ist. Mama Prospera ruft nach ihrem Töchterchen Miranda, die lieber mit einem Mischwesen aus Echse und Affe spielt, als erwachsen zu werden.
Und dann taucht Romeo auf, nachdem goldene „Arielles“, zwei Einrad-Artistinnen (und Schwestern aus Japan), einen Sturm herbeigetanzt haben, der ein Rudel Verschollener an Land spült. Um Romeo ist es geschehen, sobald er Miranda erblickt. Nur um ein Beispiel aus der internationalen Truppe zu nennen: Miranda ist in dieser Premiere Tuguldursaikhan Nenzen aus der Mongolei, der Romeo, Evgeny Kurkin, ist Russe. Das ist eben der Cirque du Soleil, Amerikaner und Russen arbeiten Hand in Hand im wahrsten Sinn. Und jeder ist hochgradig gefordert. Miranda etwa turnt einhändig mit staunenswerter Körperbalance auf einem „Wasserglas“, das allerdings fast 5000 Liter Wasser fasst, in das die unerschrockene Mongolin taucht.
Und Romeo? Der zeigt sich zuletzt als geradezu schwerelos wirkender Stangenakrobat, der rauf und runter saust, dass man aus dem Staunen nicht herauskommt. Ein Superathlet, der nicht einen Augenblick lang dreinschaut, als könnte das Mühe machen. Momente gibt es kaum, wenn die Amazonen in ihren roten Kostümen über die Barren fegen und Salti schlagen, wenn sich die angespülte Männertruppe als Sprungbrettflieger betätigt, wenn sich zuletzt flinke Kraftlackeln gegenseitig zuwerfen und bis zu vier Leute hoch auftürmen. Herausgehoben muss allerdings die „Mondgöttin“(Marie Michelle Faber) werden, die vom Zelthimmel herunterschwebt und mit ihrem Reifen nicht nur gefährlich turnt, sondern auch noch dazu singt. Nur die Balance-Göttin sorgt für fast meditative Momente, wenn sie ihr kompliziertes, fragiles Schwebegeflecht aus Holzstöcken aufschichtet. Jubel, was sonst! Cirque du Soleil,