Die Nazis aus dem Netz
Ein internationales Neonazi-Netzwerk wird gesprengt. Jahre später landen die Fälle vor Gericht. Eine wichtige Figur der Rechtsextremen soll ein Salzburger sein.
SALZBURG. Judenhass, Holocaustleugnungen, Handel mit Nazimaterialien. All das fand jahrelang in dem größten deutschsprachigen Neonazi-Forum im Internet statt, dem Thiazi-Forum. Seit Jahren arbeiten sich Ermittler durch rund 50.000 Seiten Ermittlungsakten. Aus denen geht hervor, dass ein Salzburger Geschäftsmann das Forum besonders aktiv unterstützt hatte. Er schrieb unter dem Namen „Wolke“.
Der Salzburger, der um die 50 Jahre alt ist, steht kommenden Dienstag vor Gericht. „Wolke“drohen zwischen fünf und zehn Jahren Haft, weil er dazu aufgefordert haben soll, sich im nationalsozialistischen Sinn zu betätigen. Über 6000 Beiträge hat der gebürtige Tennengauer auf der Plattform erstellt. Sie liegen den SN teilweise vor.
Der Salzburger Geschäftsbetreiber habe unter anderem offen gegen das Judentum gewettert: „Dieser Staat (Österreich, Anm.) hat von Anfang an sein eigenes Volk aufgegeben zugunsten von internationalen Judeninteressen.“Seit September 2006 war der gebürtige Tennengauer auf dem Thiazi-Forum unterwegs. Sein Beiname: „Freund der Reichstreuen.“Kritische Artikel über die rechtsextreme Szene bezeichnet „Wolke“als „Jewrnalistengeschmiere“. Glühend sprach er sich für die Freilassung des verurteilten Holocaustleugners Gerd Honsik aus.
Der Salzburger gehörte laut Staatsanwaltschaft zu den eifrigsten Schreibern und soll sogar als Moderator tätig gewesen sein. „Er war für die Überwachung der Regeln zuständig, konnte Beiträge ändern, löschen und selbst verfassen“, steht in der Anklage. 49 Beträge mit nationalsozialistischem Inhalt hält die Staatsanwaltschaft dem Mann unter anderem vor.
Das Thiazi-Forum wurde 2006 gegründet und von den Mitgliedern auch „Germanische Weltnetzgemeinschaft“genannt. Viele, die aus ihrer Gesinnung im Alltag wohl ein Geheimnis machen, konnten hier hetzen und das NS-Regime bejubeln. Auch Neonazimusik wurde ausgetauscht. Die Onlineplattform lief über einen Server in den USA.
Das Thiazi-Forum wurde 2012 nach jahrelangen Ermittlungen durch deutsche Verfassungsschützer gesprengt. In Deutschland gab es bereits zahlreiche Verfahren und Verurteilungen gegen Betreiber und Besucher des Netzwerkes. Nach und nach kam man dem Salzburger Geschäftsmann auf die Spur. So wurde er etwa bei einem geheimen Neonazi-Treffen im Umfeld des Münchner Oktoberfests gesehen. Außerdem soll „Wolke“einem weiteren Moderator des Neonazi-Forums Geld geschickt haben. Für die Ermittler wurde immer klarer, wer „Wolke“in im echten Leben war.
In Österreich wurden bereits 39 Verfahren gegen Thiazi-Forum-Besucher geführt. Das geht aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Grünen durch Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) hervor. Nicht alle Teilnehmer konnten von den Ermittlern tatsächlich ausgeforscht werden. Die verurteilten Forumbesucher tragen Namen wie „Panzerdivision“, „NS-Freund“, „Frontwehr“oder „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“. Die Verhandlung gegen „Wolke“ist für zwei Tage anberaumt.