Salzburger Nachrichten

Gerhard Dörfler tritt als Bundesrat zurück

Nach der Ausweitung der Anklage gegen ihn will der 61-Jährige um seine Reputation kämpfen. Der Rückzug sei kein Schuldeing­eständnis.

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KLAGENFURT. Das von ihm über Jahre gewohnte Lachen ist ihm seit geraumer Zeit vergangen. Dem Untreuepro­zess gegen ihn und drei ehemalige BZÖ-Mitstreite­r im Klagenfurt­er Landesgeri­cht folgte er meist mit stoischer Miene, die Ausweitung der Anklage auf Amtsmissbr­auch nahm er am Donnerstag regungslos zur Kenntnis. Am Freitag wurde bekannt, dass der frühere Kärntner Landeshaup­tmann Gerhard Dörfler sein Mandat als FPÖBundesr­at zurücklegt. Damit findet die politische Karriere des 61-Jährigen, der 2001 von Jörg Haider als Quereinste­iger von der Schleppe Brauerei in die Kärntner Landesregi­erung geholt worden war, ein vorzeitige­s Ende.

Hemdsärmel­ig, bodenständ­ig, mal polternd, dann wieder betont launig und vor allem: ein treuer Diener seines Herrn Jörg Haider. So lernten nicht nur die Kärntner Gerhard Dörfler, der von 2008 bis 2013 an der Spitze des südlichste­n Bundesland­s stand, kennen. Seinen Rückzug aus dem Bundesrat wertet der gelernte Bankkaufma­nn nicht als Schuldeing­eständnis: „Ich brauche meine ganze Energie, um diese ungeheuerl­ichen und haarsträub­enden Vorwürfe zu entkräften.“Gemeint sind die Vorwürfe aus der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft, wonach Dörfler bei zumindest acht Vergaben von Straßenbau­losen seine Befugnisse missbrauch­t haben soll. Konkret sollen nicht die Bestbieter, sondern Firmen zum Zug gekommen sein, denen die Politik – so ein Zeuge im laufenden Prozess – „mehr als zugetan war“.

Angeblich entstanden­er Schaden dadurch? Mehr als 300.000 Euro. Die Staatsanwa­ltschaft hat indes eine genaue Prüfung der gesamten Amtszeit Dörflers angeordnet. Aktenberge, die sich auf rund 3600 Vergaben beziehen, müssen also in den kommenden Wochen geprüft werden. „Jetzt geht es um meine persönlich­e Reputation, und um die kämpfe ich“, ließ Dörfler via Medien ausrichten. Und: „Es ist der Punkt erreicht, wo ich Konsequenz­en ziehe.“Dörflers Reputation in Restösterr­eich hatte auch schon während seiner Amtszeit ein paar Schrammen abbekommen. So hatte er sich beim Villacher Faschingsu­mzug fotografie­ren lassen, als er an der Brust einer halb nackt kostümiert­en „Negermama“nuckelte. Auch ein „Negerwitz“im Beisein des Sängers Roberto Blanco zog heftige Kritik nach sich.

In der Ortstafelf­rage zeigte sich Dörfler flexibel, er, der einst gemeinsam mit Haider Ortstafeln verrückt hatte, setzte sich später für eine Lösung des lange Zeit parteipoli­tisch geschürten Konflikts ein. In die Geschichts­bücher geht der Politiker wohl auch mit seinem Ausspruch nach Haiders Unfalltod ein: „Die Sonne ist vom Himmel gefallen.“

Dörfler – für ihn gilt die Unschuldsv­ermutung – steht am Montag wieder wegen Untreue, Vorteilsna­hme und Amtsmissbr­auchs vor Gericht. Wer sein Nachfolger im Bundesrat sein wird, ist noch nicht geklärt.

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BILD: SN/APA/GERT EGGENBERGE­R Gerhard Dörfler

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