Die SPÖ definiert den Begriff Risikokapital neu
Die Idee, dass sich der Staat an privaten Unternehmen beteiligt, sollte rasch in der Schublade verschwinden, wo sie hervorgeholt wurde.
Das Leben in einer Koalition ist für Politiker nicht immer einfach. Sie müssen stets aufs Neue die eigene Position behaupten, das persönliche Profil und das ihrer Gesinnungsgemeinschaft schärfen. Der Kampf um die Vorherrschaft der besten Ideen treibt allerdings manchmal seltsame Blüten. Das kann man aktuell an der Debatte über die Unternehmensbeteiligungen des Staates gut beobachten.
Im koalitionsinternen Wettstreit um den innovativsten Vorschlag hat dabei die SPÖ klar die Nase vorn. Der Staat in seiner Rolle als Eigentümer – das war bisher die Domäne von Sozialminister Alois Stöger. Ihm erwächst nun in Infrastrukturminister Jörg Leichtfried innerparteilich ein ernst zu nehmender Konkurrent.
Diese Woche war es an ihm, den Claim der Sozialdemokraten in der Sache abzustecken. Leichtfried schlägt vor, der Staat solle sich an strategisch wichtigen Unternehmen beteiligen, um so den Standort Österreich abzusichern.
Nicht bei jenen, an denen die Republik bereits schon Anteile hält. Leichtfried denkt an Privatbetriebe, die, wie er sagt, Probleme haben, stabile Investoren zu finden. So ein stabiler Investor könnte der Staat sein. Er belebt damit eine Idee von SPÖ-Klubchef Andreas Schieder neu. Der wollte nicht nur den Staatsanteil an Telekom Austria und OMV aufstocken, sondern Staatsgeld auch in Privatunternehmen stecken, um einer Übernahme durch ausländische Konkurrenten vorzubeugen.
Nun weiß man, dass es um Risikokapital in Österreich nicht zum Besten bestellt ist. Aber man staunt nur, wie es der SPÖ gelingt, den Begriff Risikokapital völlig neu zu definieren. Es geht nicht mehr um Kapital, das ein Investor in ein Projekt mit ungewissem Ausgang steckt. Setzt sich die SPÖ mit ihrer Idee durch, verlagert sich das Risiko zum Unternehmen, an dem sich der Staat beteiligt. Es riskiert seine Reputation und vielleicht seine Existenz.
Welchem Unternehmen wäre mit dem Staat als Miteigentümer gedient? Österreichs Industriegeschichte lehrt, dass Interessen des Staates mit den Gesetzen des Marktes oft schwer bis gar nicht in Einklang zu bringen sind. Die Malaise der verstaatlichten Industrie sollte Warnung genug sein. Neben Managementfehlern war dort das grundsätzliche Problem, dass Unternehmen Aufgaben übertragen bekamen, die sie nicht erfüllen konnten, oder, wenn sie es taten, im Wettbewerb gnadenlos untergingen.
Was die SPÖ als Renaissance der Industriepolitik preist, quasi als Quantensprung in der Rolle des Staates als Kapitalist, ist ein gefährliches Experiment. Bekanntlich kommen Quanten nicht weit, wenn sie springen, ihr Zustand ändert sich nur geringfügig und für kurze Zeit und sie landen wieder am Ausgangspunkt. Das lässt man in der Politik besser gleich sein.