Wo Russen nicht nur Winterurlaub machen
Im Gasteiner Tal absolvieren zwölf russische Tourismusschüler ein Berufspraktikum und zeigen sich erfrischend weltoffen.
BAD GASTEIN. Besuch aus Russland ist im Gasteiner Tal keine Seltenheit. Allein im Jänner, in dem das russische Weihnachtsfest stattfindet, zählte man zuletzt 21.600 Nächtigungen aus Russland. Im vergangenen Winter kamen in Summe rund 40.000 russische Urlaubsgäste zum Skifahren ins Gasteiner Tal.
Zwölf junge Russen verbrachten diesen Winter aus ganz anderem Grund drei Monate im Gasteiner Tal. Die Schüler der Tourismusfachhochschule in Chelyabinsk, zwei Flugstunden in Richtung Ural von Moskau entfernt, absolvieren noch bis Mitte März ein Berufspraktikum in Gasteiner Hotelbetrieben. Möglich machte den Austausch die Partnerschaft der russischen Schule mit den Tourismusschulen Salzburg.
Für die sieben heimischen Betriebe, in denen die jungen Praktikanten aufgenommen wurden, war es durch die Bank die erste Erfahrung mit russischen Fachkräften. Wobei Renate Zitka vom Hotel Sonngastein nicht nur vom Können ihrer Servicepraktikantin Viktoriia Ovechkina (21) angetan war. „Schon am zweiten Tag konnte sie eine eigene Station übernehmen“, erklärt die Hotelchefin begeistert und ist es noch viel mehr, weil sie jetzt auch die russische Sprache besser versteht. Ein Mal die Woche trafen einander Chefin und Mitarbeiterin zum deutsch-russischen TandemSprachkurs. „Wir haben beide viel gelernt“, sagt Zitka.
Die junge Russin schwärmt ihrerseits in gutem Englisch von der hohen Professionalität und perfekten Organisation in der österreichischen Hotellerie. „In Russland ist der Service nicht so gut“, sagt die 21Jährige, die zuvor schon im Kempinski in St. Petersburg ein Praktikum absolviert hatte. Der Umgang mit den Mitarbeitern sei in Österreich herzlicher, betont sie. Berufliches Ziel der jungen Russin ist ein Job als Food-&-Beverage-Managerin. Zuerst wolle sie aber „nach Kanada in ein Hotel“.
Bereits ein Praktikum im russischen Wintersportort Sotschi hat Dimitriy Krylow (20) hinter sich. „Täglich 1500 Essen, eine harte Arbeit“, erzählt er. In Bad Gastein kocht er an der Seite von Küchenchef Nick Spieß im Hotel Bellevue und in der Bellevue-Alm. „Aus dem wird mal ein großer Koch“, lobt Spieß. Wie sich die russische und österreichische Küche unterscheiden? „Die Schnitzel sind gut, aber Bratkartoffel würden wir nicht dazu essen“, erklärt Dimitriy. In der Zubereitung einfacher, aber besser im Geschmack seien die Desserts in Österreich. Sein persönlicher Favorit: „Apfelstrudel“, sagt er, „und Topfen, einfach alles mit Strudel.“
Bisher kaum Erfahrung mit Russland hatte man im Haus Hirt in Bad Gastein. „Bis auf einen Stammgast haben wir keine russischen Gäste“, sagt Hotelchefin Evelyn Ikrath. Umso spannender sei es für sie gewesen, mit Luydmilla Marchenkova erstmals eine russische Arbeitskraft im Haus zu haben. „Die meis-
„In Sotschi, das war harte Arbeit.“Dimitriy Krylow, Tourismusschüler
ten haben noch immer den Prototyp des neureichen russischen Gastes in den Köpfen gespeichert“, sagt Ikrath. Es sei gut, anderes zu erleben. Und sie selbst habe während des Aufenthalts von Luydmilla erkannt: „Ich mag den Klang der russischen Sprache.“Nächstes Jahr wolle sie „bitte gern wieder einen Praktikanten aus Russland“.