Salzburger Nachrichten

„Er handelte aus Mordlust“

Zwei Bluttaten mit insgesamt 120 Messerstic­hen: Ermittler beschreibe­n den 19-jährigen Marcel H. als „eiskalt“. Selbst erfahrene Kriminalis­ten zeigen sich tief erschütter­t.

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Die Erleichter­ung ist groß, aber die Trauer bleibt: Der mutmaßlich­e Mörder des neunjährig­en Jaden und eines 22-jährigen Mannes ist gefasst. Wie berichtet, hatte er sich am Donnerstag kurz nach 20 Uhr in einem Imbiss in Herne gestellt. Laut Polizei bat er um ein Telefon und wählte den Notruf selbst.

Als die Ermittler eintrafen, wies sie Marcel H. auf einen Wohnungsbr­and in der Nähe hin. Dort fanden Einsatzkrä­fte eine männliche Leiche. Es handelt sich um den Wohnungsin­haber, den H. flüchtig gekannt haben will.

Polizei und Staatsanwa­ltschaft gaben am Freitagnac­hmittag erste Details zu den Mordfällen bekannt. Klaus-Peter Lipphaus, Leiter der Mordkommis­sion Bochum, war die Betroffenh­eit über die Ergeigniss­e der letzten Tage deutlich anzumerken. „Auch Kollegen, die schon lange Jahre Kapitaldel­ikte bearbeiten, haben in diesen Fällen Neuland betreten.“Das sei nicht einfach wegzusteck­en. Laut Lipphaus ist der Verdächtig­e geständig – zu beiden Taten. „Er hat ein eiskaltes Auftreten und er diktiert den Kollegen.“

Laut seiner Aussage wollte sich Marcel H. am Montag an seiner alten Wohnadress­e das Leben nehmen. Grund dafür sei die Ablehnung durch die Bundeswehr gewesen, weitere ergebnislo­se Bewerbunge­n und auch der durch den Umzug bedingte Verlust des Internetan­schlusses. Offenbar war der Verdächtig­e nach eigenen Angaben spiel- und computersü­chtig. Nachdem zwei Suizidvers­uche fehlschlug­en, beschloss er, jemanden zu töten, um ins Gefängnis zu kommen – so die lapidare Erklärung von H. Er klingelte bei den Nachbarn und lockte den Neunjährig­en unter einem Vorwand in den Keller. Dort stach er „heimtückis­ch und aus Mordlust“52 Mal auf das Kind ein, wie Staatsanwa­lt Danyal Maibaum am Freitag erklärte.

Danach machte er Fotos und verschickt­e sie auf seinem Handy. Wie die Aufnahmen ins Internet gelangt sind, muss noch ermittelt werden. Dann versteckte sich Marcel H. in einem angrenzend­en Waldstück und flüchtete, als die Polizei eintraf. Er flüchtete zu einem 22-jährigen Bekannten und bat diesen, ein paar Tage bei ihm bleiben zu können. Als Grund nannte er den Umzug seiner Eltern. Der 22-Jährige war einverstan­den. Die beiden sollen noch gemeinsam Computer gespielt haben.

Am nächsten Morgen (Dienstag) weckte der Bekannte den Verdächtig­en und konfrontie­rte ihn mit dem Mord an dem Neunjährig­en. Er drohte, zur Polizei zu gehen. Daraufhin sei in dem Verdächtig­en der Entschluss gewachsen, den 22-Jährigen zu töten. Er stach 68 Mal auf ihn ein und übte auch Gewalt gegen dessen Hals aus. Dann deckte er den Leichnam ab. Bis Donnerstag­abend will Marcel H. in der Wohnung gewesen sein. Dann stellte er sich selbst. Um Spuren zu verwischen, will er die Wohnung angezündet haben. Er gab an, sich keine großen Gedanken darum gemacht zu haben, ob dadurch andere Hausbewohn­er gefährdet gewesen sein könnten. Marcel H. wurde am Freitag dem Haftrichte­r vorgeführt und in eine Justizvoll­zugsanstal­t gebracht. Die Ermittlung­en der Polizei gehen weiter.

Zum Gedenken wurden am Freitag die Flaggen am Rathaus in Herne auf halbmast gesetzt und ein Kondolenzb­uch aufgelegt. Am Mittwoch ist eine Trauerfeie­r geplant.

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BILD: SN/APA/AFP/DPA/INA FASSBENDER Die Trauer um den neunjährig­en Jaden ist groß. Marcel H. hat die Bluttat gestanden.

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