Die Gefahr fährt in Rot Zwei Wochen vor dem Saisonstart haben Mercedes und Red Bull viel Respekt vor Ferrari.
Wenn Ferrari-Fahrer in Wintertests Fabelzeiten auf die Bahnen knallen, lächelt die Konkurrenz normalerweise eher müde: „Vorstandszeiten“wird der Vorgang betitelt, wenn künstlicher Speed eben die Bosse beruhigen soll – nach dazu, wenn man einen kompromisslosen wie Sergio Marchionne an der eigenen Konzernspitze hat. Doch heuer war die Reaktion auf die Vorstellung der Scuderia in den acht Testtagen auf dem Circuit de Catalunya anders: „Die FerrariZeiten sind reell“, urteilen Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda und Red-Bull-Motorsportboss Helmut Marko übereinstimmend. Mercedes-Sportchef Toto Wolff geht sogar noch weiter: „Wir sind mit Red Bull gleichauf, doch Ferrari ist noch schneller. Der Vettel fuhr diese Woche Bestzeit, obwohl er auf der Zielgeraden hörbar vom Gas gegangen war und nur 18.500 Touren drehte.“
Ferrari – die rote Gefahr erschreckt die Dominatoren der vergangenen Saison. Wenn das auch in den ersten Saisonrennen so bleibt, werden sich nicht nur die Tifosi freuen – sondern auch die neuen F1-Eigner von Liberty Media werden sich ob des neuen Faninteresses zufrieden zeigen.
Resümee der acht Vorbereitungstage, zwei Wochen vor dem Start der „neuen“Formel 1 am 26. März im Albert Park von Melbourne: Der neue Ferrari ist nicht nur schnell, sondern auch standfest, „erstaunlich zuverlässig“, wie Marko zugibt.
Das war bei Weltmeister Mercedes und Vize Red Bull nicht so. „Bei Mercedes gibt es ein Problem mit dem Unterboden, das merkt man bei Wellen“, sagt Marko. Der aber auch eigene Schwierigkeiten eingestehen muss: Da ist das (bei Renault, Toro Rosso und Red Bull) mehrfach aufgetretene Problem eines Sensors im Kinetik-Hybrid-Bereich, das noch nicht gelöst ist und mehrere Motorwechsel erforderte. „Es hieß von Renault nach Woche eins, bis nächste ist das Problem beseitigt. Doch es war wieder da. Jetzt hoffen wir, dass der Teil eines Zulieferers bis Melbourne endlich funktioniert“, sagt der Grazer Marko.
Dann gibt es die (auch zu diesem Zeitpunkt üblichen) Spekulationen, Mercedes und Red Bull hätten wieder neue Vorteile in „Grauzonen“des komplexen Regelwerks gefunden – konkret geht es um Öleinspritzung in den Motor bei Mercedes (zur Leistungssteigerung) und
„Vorsprung von Mercedes wird kleiner.“
um „aktive“(während der Fahrt bewegliche) Aufhängungen bei beiden. Und um mögliche Proteste in Melbourne von Gegnern (also Ferrari). Lauda dazu: „Wir gehen kein Risiko ein. Alles ist nach Klarstellung der FIA hundertprozentig regelkonform.“Marko weicht aus: „Es geht nicht um ein Gesamtsystem, sondern um einzelne Komponenten.“Der Grazer räumt ein: Red Bull müsse den Umkehrbeweis, „legal“zu fahren, antreten – die FIA müsse nicht Regelverstöße des Teams nachweisen.
Lauda sagt: „Red Bull und Ferrari sind in Kurven genauso stabil wie wir.“Marko machen die Reifen noch Sorgen: „Wir bekommen sie phasenweise nicht ins optimale Wirkungsfenster, sprich auf die richtige Temperatur. Mit dem SoftPneu sind wir gleich schnell wie mit dem Supersoft.“Renndistanzen haben alle abgespult, auch da sah Ferrari sehr gut aus.
Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz, Donnerstag Augenzeuge der Tests, schätzt weiter: „Mercedes ist vorn, aber der Rückstand von uns und Ferrari wird geringer. Im Sommer sind wir gleichauf. Unser Auto funktioniert jedenfalls.“
Lauda sieht eine spannende Saison kommen, weil „die Fahrer durch die schnelleren Kurvengeschwindigkeiten mehr Kondition brauchen. Für Neuling Stroll bei Williams bedeutet das ein Debüt zum ungünstigen Zeitpunkt.“