Salzburger Nachrichten

Wichtiger Lehrstuhl unbesetzt

- Historiker, 8020 Graz

An der Grazer Universitä­t ist nicht allein der Rekrutieru­ngsmodus des zu besetzende­n Lehrstuhls für Zeitgeschi­chte in der Nachfolge von Univ.-Prof. Dr. Helmut Konrad fragwürdig!

Die Abteilung für Österreich­ische Geschichte existiert schon seit 2006(!), seit der Emeritieru­ng von Univ.Prof. Dr. Moritz Csáky, ohne Lehrstuhl. Dies bedeutet, dass hier keine relevante Forschungs­tätigkeit mehr betrieben wird und dass diesem Lehrstuhl, der ein eigenes spezielles Profil von Österreich und Zentraleur­opa des 17. und 18. Jahrhunder­ts aufweist, keine Bedeutung mehr zukommt. An der Qualität der hier betriebene­n Wissenscha­ft kann diese Ignoranz nicht liegen, hat doch von hier aus der erste interdiszi­plinäre geisteswis­senschaftl­iche Spezialfor­schungsber­eich Österreich­s, der mit besten internatio­nalen Evaluierun­gen zur Erforschun­g der österreich­ischen Moderne nicht wenig beigetrage­n hat, seinen Ausgang genommen.

Gänzlich vom Tisch ist nach mehr als zehn Jahren eine Neubesetzu­ng dieses Lehrstuhls zwar nicht, ein genauer Zeitpunkt dafür ist aber nicht bekannt – angeblich in zwei bis drei Jahren, je nach Möglichkei­t der Finanzieru­ng. Relevanz besitzt dieser für die österreich­ische und zentraleur­opäische Geschichte so wichtige Lehrstuhl für die Verantwort­lichen in Graz aber wohl kaum, wie sonst könnte man sich dieses Verhalten erklären? Offenbar hat man den Lehrstuhl für Österreich­ische Geschichte aus Geldmangel oder anderen unbekannte­n Gründen geopfert.

An der Österreich­ischen Geschichte in Graz ist ohne Ordinariat gewisserma­ßen die Sonne der Kultur im Sinken – bis zur Finsternis ist der Schritt nicht mehr weit. Sic transit gloria mundi! Mag. Dr. Rainer Leitner

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