Immer der Zeitungsfrau nach
Triest und sein Kommissar. Der jüngste Krimi von Veit Heinichen führt wieder kreuz und quer durch die Stadt an der Adria.
Es geht gegen elf Uhr. Die Vormittagssonne sorgt für erste Hitzeschübe über der Stadt. Also besser die Ärmel aufkrempeln, dem silberblauen Spiegel der Adria den Rücken kehren und zügigen Schrittes in die schattigen Häuserschluchten eintauchen. Ziel: die Piazza San Giovanni, genauer Walter Cusmichs Gran Malabar. Oder noch besser gesagt: Veit Heinichens Gran Malabar. Wer sich auf die Spuren des neuesten Krimis des Wahltriestiners Heinichen begibt, landet unweigerlich und wahrscheinlich mehrmals pro Tag in dessen Stammlokal. Nicht das schlechteste Hauptquartier für Entdeckungstouren durch jene Stadt, die ironisch manchmal als „Wien mit Meer“bezeichnet wird. Doch hier geht es weniger um das k. u. k. Erbe des einst größten Handelshafens der Monarchie, sondern um Kommissar Proteo Laurenti, einen leidenschaftlichen Triestiner, der nur auf dem Papier existiert.
In Laurentis Lieblingsbar, seinem zweiten Büro, mischen sich zu dieser Tageszeit die späten Cappuccino-Schlürfer mit den frühen Aperitif-Trinkern. Letztere finden hier eine exzellente Auswahl: Patron Cusmich war einer der Ersten, die die Weine und ihre Winzer aus dem umliegenden Karst förderten, insbesondere die unbekannten, jungen unter ihnen. Heute sind er und sein kleines, holzgetäfeltes Lokal eine Institution, für Gäste von hier und auswärts. Der Wirt schmunzelt. „Die Österreicher kommen seit mehr als 30 Jahren. Jetzt kommen ihre Kinder, das hat schon Tradition.“
Draußen auf dem Platz rekelt sich ein bronzener Giuseppe Verdi auf seinem Thron und wendet der Malabar ebenso gelangweilt den Rücken zu wie jener Trafik, die Teresa Fonda betreibt, die „Zeitungsfrau“von Veit Heinichen. Zumindest im gleichnamigen Roman. Deren Spuren und die des Kommissars sind jene des Autors, der vor 20 Jahren seinen Wohnsitz nach Triest verlegt hat. Neben der Questura – Proteo Laurentis Polizeipräsidium – sind die Stopps eher kulinarischer Natur, wenig verwunderlich für den Feinschmecker Heinichen. Wer etwa die Via Carducci stadtauswärts spaziert, landet bald bei der Pasticceria Pirona. Die frequentierte schon James Joyce, vor etwa 30 Jahren hat Sergio De Marchi mit seiner Schwester Cristina und seiner Mutter Pina die Jugendstil-Konditorei und damit auch die Herstellung der traditionellen „Presnitz“übernommen – einer süßen Triestiner Osterbreze mit Nussfülle.
Wer wieder Richtung Meer zurückschlendert, findet so manches „Buffet“auf seinem Weg, ein typisches Beisel für die Stadtbewohner. Aber auch Moderneres, wie etwa die Anzellottis in der Via Cavana. In ihrem Salumare kredenzen sie frisch geräucherten Stör, Thun- oder Schwertfisch und auch Mazzancolle, große Garnelen frisch aus der Triestiner Bucht, roh, mit ein wenig Salzflocken und Fenchelpollen aus dem nahen Karst. Oder gar ein Abstecher zur wahrscheinlich besten Köchin der Stadt, Ami Scabar. Dazu aufregende Eissorten im Jazzin von Luigi Sartori und Sara Castellani, beste Wiener Kaffeehaustradition samt Mehlspeisen und Stilmobiliar wie im Antico Caffè San Marco in der Via Battisti oder gleich ein Passend zu Veit Heinichens neuem Fall „Die Zeitungsfrau“bieten die drei Hotels der Familie Benvenuti in Triest (Grand Hotel Duchi d’Aosta, Duchi Vis à Vis, Hotel Riviera) eine spannende Spurensuche. Dabei kommt auch die Kulinarik nicht zu kurz. Zwei Dinners, eines davon bei der Meisterköchin Ami Scabar, ein Besuch in der Lieblingsbar des Ermittlers und zwei Übernachtungen sind im Preis ab 197 Euro enthalten. Ebenso wie das handsignierte Buch. www.duchi.eu, www.hotelvisavis.net
Wer ein wenig abseits des Triestiner Trubels wohnen möchte, ist im Hotel Riviera gut untergebracht: mit unverbautem Blick auf Grignano und die Adria, einem Gourmetrestaurant Le Terrazze mit großer Terrasse und einem spektakulären Meerblick-Spa. www.rivieramax.eu www.enit.at Gläschen – besser zwei – vom feinen Schaumwein im Bollicine auf der Piazza San Antonio Nuovo. So wie der Krimikommissar kommt der Besucher in Triest aus dem Schnabulieren nicht heraus.
Und weil das Auge ja mitisst, labt sich der Blick an Prunkfassaden wie der des ehrwürdigen Grand Hotel Duchi d’Aosta oder der Fontana dei Quattro Continenti. Als der Barockbrunnen mit seinen vier Statuen, die die Kontinente darstellen, 1750 erbaut wurde, wusste man von Australien noch nichts. Dazu der ziemlich kleine „Canale Grande“von Triest und natürlich – immer auf den Spuren von Kommissar Laurenti – der Mercato Coperto in der Via Carducci, Markthalle und architektonisches Schmuckstück aus den 30er-Jahren. Alles ist fußläufig erreichbar, die beeindruckende Hafenmole sowieso, mit ihrem Salone degli Incanti, dem ehemaligen Fischmarkt.
Echte Heinichen-Fans zieht es jedoch in den Westen der Stadt, am besten mit dem Bus der Linie 36, in Richtung Schloss Miramare. Doch nicht das imposante Kastell ist das wahre Ziel, sondern der kleine Fischerhafen Grignano zu seinen Füßen. Dort treffen sich die Romanfiguren bei Matteo in der Tavernetta al Molo. Und wirklich liegt das kleine Fischrestaurant direkt an der Mole, so wie auch Matteos Boot, mit dem er, sooft ein wenig Zeit bleibt, aufs Meer hinausfährt. Von dieser Liebe zur Adria erzählt auch die Speisekarte: Mies- und Venusmuscheln, Scampi, Seeteufel und Wolfsbarsch, dazu Pasta, Risotto, Polenta, einfach und nach traditionellen Rezepten. Von der Liebe zu Triest erzählt von Neuem ein Buch von Veit Heinichen: „Die Zeitungsfrau“.
Krimi-Erlebnis-Paket: Tipp: Generelle Info zur Stadt: