Salzburger Nachrichten

So glückt der Start in die Pension

Immer mehr Unternehme­r unterstütz­en ihre Mitarbeite­r beim Übergang in den Ruhestand. Gelingt der Abschied, profitiere­n beide Seiten.

- BARBARA HAIMERL

„Es ist eine Illusion, dass in der Pension alles anders wird.“Sonja Schiff, Gerontolog­in

Ein mehrtägige­s Seminar, das Mitarbeite­r auf die Pension vorbereite­t. Vor 14 Jahren klopfte die Salzburger Gerontolog­in Sonja Schiff zum ersten Mal mit ihrem Konzept in den Chefetagen von Unternehme­n an. „Ich wurde ausgelacht“, schildert die 52-Jährige. Mittlerwei­le lacht sie.

Die Nachfrage steigt stetig. Arbeitgebe­r sind bereit, in Mitarbeite­r zu investiere­n, obwohl diese nicht mehr lange im Unternehme­n sein werden. Schiff wird in Österreich unter anderem von Banken, Energieunt­ernehmen und der evangelisc­hen Kirche gebucht, auch die Landesregi­erungen in Vorarlberg und Tirol wissen ihre Dienste zu schätzen.

„Die Babyboomer kommen in die Jahre, in vielen großen Firmen und im öffentlich­en Dienst gehen ab 2020 viele Mitarbeite­r gleichzeit­ig in Pension“, sagt Schiff. Das sei eine Herausford­erung für die Arbeitgebe­r, aber auch für die Menschen am Übergang in den Ruhestand.

„Die wenigsten gehen mit großem Hurra in Pension.“Um zu verhindern, dass sie innerlich schon vorher kündigten, müsse man ihre Sorgen und Ängste ernst nehmen und ihnen Perspektiv­en für die Zeit nach dem Beruf aufzeigen. „Niemand muss sich neu erfinden, aber die Pension ist eine Zeit, in der man sich fragen kann, wofür man noch brennt, und in der man aus seinen Talenten und Erfahrunge­n neu schöpfen kann.“

Zugleich gelte es, das Knowhow der angehenden Pensionist­en im Betrieb zu halten und den Wissenstra­nsfer gut zu gestalten. „Wer sich geschätzt fühlt, arbeitet entspannte­r, gestaltet die Übergabe engagiert, bleibt in der Pension für Fragen ansprechba­r und verbreitet ein positives Firmenimag­e.“

Schiff ermutigt die Teilnehmer, sich rechtzeiti­g auf die Zeit nach dem Beruf vorzuberei­ten. „Viele malen sich das Leben in der Pension rosig aus, doch der Ruhestand ist kein Dauerurlau­b.“Endlich ausschlafe­n, reisen, lesen und Zeit mit den Enkelkinde­rn verbringen genüge nicht, um einen neuen Lebensabsc­hnitt von 20 Jahren zu füllen. „Es ist eine Illusion, dass in der Pension alles anders wird, jeder nimmt die Stolperste­ine aus dem bisherigen Leben mit.“Schiff hat die Erfahrung gemacht, dass kaum ein Mann vor dem Pensionsan­tritt mit seiner Frau über die Vorstellun­gen für die neue Lebensphas­e spricht. „Nach dem Seminar ist das anders.“Schiff schreibt gerade aus ihrer eigenen Erfahrung ein Buch über „Magische Momente in der Altenpfleg­e“. Das nächste Buch ist in Planung: „Hilfe, mein Mann geht in Pension.“

Zum ersten Mal hat jetzt das Katholisch­e Bildungswe­rk Salzburg auf Anregung einer Mitarbeite­rin, die nächstes Jahr in Pension geht, ein ähnliches Seminar mit dem Salzburger Referenten Martin Auer organisier­t. „Bei uns gehen in den nächsten Jahren fünf Mitarbeite­rinnen in Pension, das ist ein Viertel der Belegschaf­t“, sagt Direktor Andreas Gutenthale­r. Insgesamt nahmen sieben Frauen und zwei Männer teil, darunter der Generalsek­retär der Katholisch­en Aktion, Hannes Schneiling­er. Er geht Ende Mai in Pension. „Mich hat das Seminar motiviert, Freundscha­ften, für die im Beruf zu wenig Zeit war, intensiver zu pflegen.“

Edeltraud Zlanabitni­g-Leeb hat im Katholisch­en Bildungswe­rk noch drei Arbeitsjah­re vor sich. „Ich arbeite sehr gern und genieße es, nach der Zeit mit den Kindern wieder voll zu arbeiten.“Es sei wichtig, Lebensüber­gänge bewusst zu gestalten. Die 57-Jährige möchte in der Pension Spanisch lernen und sich ehrenamtli­ch engagieren.

Eine Pensionswe­lle kommt auf die Salzburger Landesverw­altung zu. Bis zum Jahr 2030 gehen 40 Prozent der 2800 Mitarbeite­r in Pension. Überpropor­tional hoch sei der Anteil bei den Führungskr­äften, sagt Landesamts­direktor Sebastian Huber. Dieser großen Herausford­erung stelle man sich mit einem Masterplan. Zum einen sorge man dafür, dass das Wissen der ausscheide­nden Mitarbeite­r erhalten bleibe. Es müsse rechtzeiti­g neues Personal rekrutiert und überlappen­d eingestell­t werden. Spezialwis­sen werde auch elektronis­ch dokumentie­rt. Zugleich bemühe sich das Land, für junge, gut ausgebilde­te Arbeitskrä­fte ein attraktive­r Arbeitgebe­r zu sein. Dabei seien auch Faktoren wie Arbeitskli­ma, Teamgeist und flexible Arbeitszei­ten wichtig. „Der Veränderun­gsprozess läuft, wir sind dabei, eine neue Unternehme­nskultur zu entwickeln.“

Auch in der Salzburg AG mit mehr als 2000 Mitarbeite­rn ist die vorausscha­uende Nachfolgep­lanung zentrales Thema. Bei Jobs wie Betriebswä­rter oder Kraftwerks­wärter beträgt die Vorlaufzei­t bis zu zwei Jahre.

 ?? BILD: SN/ROBERT RATZER ?? Erstmals bot Direktor Andreas Gutenthale­r (l.) für seine Mitarbeite­rinnen im Katholisch­en Bildungswe­rk ein Seminar zur Vorbereitu­ng auf die Pension an. Auch Edeltraud Zlanabitni­g-Leeb, Gabriele Fuchs und Annemarie Neureiter-Krejsa (v. r.) nahmen teil.
BILD: SN/ROBERT RATZER Erstmals bot Direktor Andreas Gutenthale­r (l.) für seine Mitarbeite­rinnen im Katholisch­en Bildungswe­rk ein Seminar zur Vorbereitu­ng auf die Pension an. Auch Edeltraud Zlanabitni­g-Leeb, Gabriele Fuchs und Annemarie Neureiter-Krejsa (v. r.) nahmen teil.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria