So glückt der Start in die Pension
Immer mehr Unternehmer unterstützen ihre Mitarbeiter beim Übergang in den Ruhestand. Gelingt der Abschied, profitieren beide Seiten.
„Es ist eine Illusion, dass in der Pension alles anders wird.“Sonja Schiff, Gerontologin
Ein mehrtägiges Seminar, das Mitarbeiter auf die Pension vorbereitet. Vor 14 Jahren klopfte die Salzburger Gerontologin Sonja Schiff zum ersten Mal mit ihrem Konzept in den Chefetagen von Unternehmen an. „Ich wurde ausgelacht“, schildert die 52-Jährige. Mittlerweile lacht sie.
Die Nachfrage steigt stetig. Arbeitgeber sind bereit, in Mitarbeiter zu investieren, obwohl diese nicht mehr lange im Unternehmen sein werden. Schiff wird in Österreich unter anderem von Banken, Energieunternehmen und der evangelischen Kirche gebucht, auch die Landesregierungen in Vorarlberg und Tirol wissen ihre Dienste zu schätzen.
„Die Babyboomer kommen in die Jahre, in vielen großen Firmen und im öffentlichen Dienst gehen ab 2020 viele Mitarbeiter gleichzeitig in Pension“, sagt Schiff. Das sei eine Herausforderung für die Arbeitgeber, aber auch für die Menschen am Übergang in den Ruhestand.
„Die wenigsten gehen mit großem Hurra in Pension.“Um zu verhindern, dass sie innerlich schon vorher kündigten, müsse man ihre Sorgen und Ängste ernst nehmen und ihnen Perspektiven für die Zeit nach dem Beruf aufzeigen. „Niemand muss sich neu erfinden, aber die Pension ist eine Zeit, in der man sich fragen kann, wofür man noch brennt, und in der man aus seinen Talenten und Erfahrungen neu schöpfen kann.“
Zugleich gelte es, das Knowhow der angehenden Pensionisten im Betrieb zu halten und den Wissenstransfer gut zu gestalten. „Wer sich geschätzt fühlt, arbeitet entspannter, gestaltet die Übergabe engagiert, bleibt in der Pension für Fragen ansprechbar und verbreitet ein positives Firmenimage.“
Schiff ermutigt die Teilnehmer, sich rechtzeitig auf die Zeit nach dem Beruf vorzubereiten. „Viele malen sich das Leben in der Pension rosig aus, doch der Ruhestand ist kein Dauerurlaub.“Endlich ausschlafen, reisen, lesen und Zeit mit den Enkelkindern verbringen genüge nicht, um einen neuen Lebensabschnitt von 20 Jahren zu füllen. „Es ist eine Illusion, dass in der Pension alles anders wird, jeder nimmt die Stolpersteine aus dem bisherigen Leben mit.“Schiff hat die Erfahrung gemacht, dass kaum ein Mann vor dem Pensionsantritt mit seiner Frau über die Vorstellungen für die neue Lebensphase spricht. „Nach dem Seminar ist das anders.“Schiff schreibt gerade aus ihrer eigenen Erfahrung ein Buch über „Magische Momente in der Altenpflege“. Das nächste Buch ist in Planung: „Hilfe, mein Mann geht in Pension.“
Zum ersten Mal hat jetzt das Katholische Bildungswerk Salzburg auf Anregung einer Mitarbeiterin, die nächstes Jahr in Pension geht, ein ähnliches Seminar mit dem Salzburger Referenten Martin Auer organisiert. „Bei uns gehen in den nächsten Jahren fünf Mitarbeiterinnen in Pension, das ist ein Viertel der Belegschaft“, sagt Direktor Andreas Gutenthaler. Insgesamt nahmen sieben Frauen und zwei Männer teil, darunter der Generalsekretär der Katholischen Aktion, Hannes Schneilinger. Er geht Ende Mai in Pension. „Mich hat das Seminar motiviert, Freundschaften, für die im Beruf zu wenig Zeit war, intensiver zu pflegen.“
Edeltraud Zlanabitnig-Leeb hat im Katholischen Bildungswerk noch drei Arbeitsjahre vor sich. „Ich arbeite sehr gern und genieße es, nach der Zeit mit den Kindern wieder voll zu arbeiten.“Es sei wichtig, Lebensübergänge bewusst zu gestalten. Die 57-Jährige möchte in der Pension Spanisch lernen und sich ehrenamtlich engagieren.
Eine Pensionswelle kommt auf die Salzburger Landesverwaltung zu. Bis zum Jahr 2030 gehen 40 Prozent der 2800 Mitarbeiter in Pension. Überproportional hoch sei der Anteil bei den Führungskräften, sagt Landesamtsdirektor Sebastian Huber. Dieser großen Herausforderung stelle man sich mit einem Masterplan. Zum einen sorge man dafür, dass das Wissen der ausscheidenden Mitarbeiter erhalten bleibe. Es müsse rechtzeitig neues Personal rekrutiert und überlappend eingestellt werden. Spezialwissen werde auch elektronisch dokumentiert. Zugleich bemühe sich das Land, für junge, gut ausgebildete Arbeitskräfte ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Dabei seien auch Faktoren wie Arbeitsklima, Teamgeist und flexible Arbeitszeiten wichtig. „Der Veränderungsprozess läuft, wir sind dabei, eine neue Unternehmenskultur zu entwickeln.“
Auch in der Salzburg AG mit mehr als 2000 Mitarbeitern ist die vorausschauende Nachfolgeplanung zentrales Thema. Bei Jobs wie Betriebswärter oder Kraftwerkswärter beträgt die Vorlaufzeit bis zu zwei Jahre.