Gerhart Harrer: Ein anderer Blick
Der SN-Artikel (25. 2.) über Verbrechen der Psychiatrie ist dem wertvollen Anliegen verantwortungsbewussten Gedenkens an psychisch Kranke gewidmet, die im Dritten Reich Opfer von Zwangssterilisationen und Euthanasieaktionen wurden. Darüber hinaus vorgebrachte diffamierend tatsachenwidrige Äußerungen über den einstigen, 1950 nach Salzburg berufenen Neurologieprimar, Ärztlichen Direktor der Landesnervenklinik (1962–1982) und Ordinarius für forensische Psychiatrie, Univ.-Prof. Dr. Gerhart Harrer, er sei mit seinem „Spezialgebiet Erbbiologie und Rassenhygiene“einer der „überzeugtesten Anhänger der NS-Rassenlehre“gewesen, muss ich als langjährige wissenschaftliche Mitarbeiterin entschieden zurückweisen.
Durch persönlich eingesehene Dokumente belegt, sei richtiggestellt:
Gerhart Harrer war 1938 als damals 21-jähriger Medizinstudent SS-Bewerber; er blieb indes ohne Funktionen oder politische Aktivitäten. Als wissenschaftlicher Assistent 1940 am Hygienischen Institut der Universität Wien widmete er sich ausschließlich der Bakteriologie und Serologie. Seine Tätigkeit hatte absolut nie das Geringste mit „Rassenhygiene“zu tun. Er war als Arzt in Luftwaffen-Lazaretten, auch in Russland eingesetzt. Zwei Jahre vor Kriegsende brachte er unter Inkaufnahme persönlicher Gefährdung den Mut zum – bestätigten – Austritt aus der SS auf.
Selbst Prof. Dr. Viktor Frankl, überlebendes Opfer von Konzentrationslagern, bekundete als Zeitzeuge am 4. Jänner 1967 schriftlich: „Verehrter Kollege Harrer . . . für Sie menschlich und wissenschaftlich einzustehen bereit bin – vor wem immer und wann immer.“
Unbestritten sind seine Verdienste um eine menschliche Versorgung von neurologisch und psychisch Kranken in Salzburg.
Möge durch diesen Leserbrief die mit unrichtigen Unterstellungen verletzte Würde eines Verstorbenen, der sich nicht mehr selbst dagegen zu wehren vermag, wiederhergestellt werden.