Die Wirtschaftskammer will sich reformieren. Dadurch sollen die Beiträge für die Unternehmer deutlich sinken.
Die Beiträge der Mitglieder der Wirtschaftskammer sollen ab 2019 um 15 Prozent sinken. Der föderale Aufbau der Unternehmervertretung wird nicht infrage gestellt.
WIEN. Christoph Leitl will seine letzte Amtsperiode als Präsident dafür nützen, die Wirtschaftskammer Österreich auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Sie soll schlagkräftiger und schlanker werden. Den Mitgliedern stellt Leitl in Aussicht, dass ihre Mitgliedsbeiträge ab 2019 um 15 Prozent geringer ausfallen als jetzt. Das wäre eine Ersparnis von rund 100 Mill. Euro.
Weitere 34 Mill. Euro sollen für neue Serviceleistungen zur Verfügung stehen. Insgesamt nimmt sich die Kammerspitze gemessen an den aktuell 670 Mill. Euro Gesamteinnahmen damit eine Kostenreduktion von 20 Prozent vor. Der Plan, den Leitl am Freitag mit den Vizepräsidenten Christoph Matznetter (Sozialdemokratischer Wirtschaftsverband), Richard Schenz (Industrieliste) und Matthias Krenn (Freiheitliche Wirtschaft) vorlegte, soll am 6. April im Wirtschaftsparlament beschlossen werden.
Leitl sieht in der Digitalisierung eine große Chance, den oft kritisierten „Faktor 10“, also den organisatorischen Aufbau mit einer Bundeskammer und neun Länderkammern, ins Visier zu nehmen. Die Existenz der Kammern in den Ländern stellt Leitl allerdings nicht infrage. Er habe auch bei der Staatsreform „nie die Abschaffung der Bundesländer gefordert“, das seien gewachsene Einheiten. Es soll aber mehr Kooperation zwischen Länderkammern geben, etwa in der IT. Allein in diesem Bereich gebe es ein Einsparpotenzial von 20 Mill. Euro. Man könne aber davon ausgehen, dass sich in der weitverzweigten Kammerorganisation mit ihren un- zähligen Sparten, Innungen, Fachverbänden und Fachgruppen vieles ändern werde, sagte Leitl.
Matznetter hält das für unvermeidlich, denn es gebe „zu viele Schrebergärten“, es sei „fast euphemistisch, vom ,Faktor 10‘ zu reden“. Er sei ein Verfechter der Wirtschaftskammer, um die Außenwirtschaft oder die Kollektivverträge werde man im Ausland beneidet, „aber wir müssen die Strukturen angehen“. Dass Leitl dazu bereit sei, findet Matznetter mutig.
Mehr Mut hätte sich Schenz gewünscht, der die großen Industriebetriebe in der Kammer vertritt. „Uns geht das zu wenig weit, aber es ist ein beachtlicher Schritt“, sagte er im Hinblick auf den degressiven Tarif bei der Kammerumlage I, der die großen Mitglieder stärker entlastet. Krenn bezeichnete es als positiv, dass Mehrfachmitgliedschaften innerhalb der Fachorganisationen gestrichen werden, allein das bringe eine Ersparnis bei der Grundumlage von 8 Mill. Euro. Ein offener Punkt bleibt für Krenn die „zügige Demokratisierung des Wahlrechts“.
Für Leitl ist die kammerinterne Reform auch deshalb unvermeidlich, weil man in Richtung Regierung „zeigen muss, dass es geht“. Daher beinhalte das Reformpaket „WKO 4.0“auch eine Senkung der von den Arbeitgebern beeinflussbaren Lohnnebenkosten (Dienstgeberzuschlag KU II) um 5 Prozent.
Was die Reform für den Mitarbeiterstand bedeutet, wollte Leitl nicht beziffern. Er verwies auf die natürliche Fluktuation von 4 Prozent pro Jahr, realistisch sei, dass man die Hälfte bis drei Viertel dieser Abgänge nicht nachbesetze. Derzeit sind in der gesamten Kammerorganisation etwas mehr als 4000 Personen beschäftigt, davon rund 900 in der Zentrale in Wien, weitere 150 in den Fachverbänden, der Großteil entfällt auf die Länderkammern.
Für Mitglieder soll es nicht nur billiger werden, die Kammer will auch ihr Serviceangebot ausweiten. Dazu zählt der Aufbau einer weltweit tätigen Innovationsagentur im Rahmen der Außenwirtschaftsorganisation. Dabei sind laut Leitl auch Partnerschaften mit so renommierten Forschungsinstitutionen wie dem MIT (Massachusetts Institute of Technology) oder der Technik-Uni ETH Zürich geplant.
Akzente sollen auch in der beruflichen Aus- und Weiterbildung gesetzt werden – das reicht von der Lehre bis zum (Fach-)Hochschulabschluss. Um mehr Wirtschaftswissen in die Schulen zu bringen, sind mehr Partnerschaften mit Betrieben geplant, der Unternehmerführerschein soll flächendeckend in allen Schulen eingeführt werden.
Am Ende der Reform soll „die leistungsfähigste Wirtschaftskammer der Welt“stehen, sagte Leitl.
„Amtsmüde? – Nein, mir wird nicht fad.“Christoph Leitl, WKO-Präsident