Wenn Parteien Medien wollen
Stellen Sie sich vor, graue Eminenzen der FPÖ wollten um 215 Millionen Euro die „Kronen Zeitung“kaufen. Nicht auszudenken? In der Schweiz wurde soeben Ähnliches aufgedeckt, diskutiert, kritisiert – und der Fall scheint vorerst vom Tisch. Laut „Neuer Zürcher Zeitung“(NZZ) boten dort reiche Exponenten der SVP 230 Millionen Franken für den „Blick“.
Dieser Vergleich hinkt nur wenig: Die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei verfügt seit 1999 über jene relative Mehrheit im Nationalrat, die Österreichs Freiheitliche bisher bloß in Umfragen haben. Die „Krone“ist in ihrem Markt stärker als der „Blick“– das größte Boulevardblatt der Eidgenossen, aber das Medienhaus hinter ihm ist größer.
In Österreich scheint die Ära der Parteiblätter vorbei. Das Linzer „Volksblatt“der ÖVP gilt als anachronistischer letzter Mohikaner. In der Schweiz hingegen versucht sich die stärkste Regierungspartei SVP ein Medienimperium aufzubauen. Ihren Exponenten gehört bereits ein Spektrum von Lokalblättern über die „Weltwoche“bis zur „Basler Zeitung“.
Dazu fehlen der FPÖ die finanziellen Ressourcen. Im Kleinen geht sie jedoch einen ähnlichen Weg. Ihr Einfluss reicht vom oberösterreichischen „Wochenblick“ bis zur Onlineplattform unzensuriert.at. Und auch die SPÖ übt keine Medienkeuschheit. Eine ihr nahestehende Stiftung hält die Mehrheit an Österreichs größtem Gratistagblatt „Heute“.
Hinter Medien-Engagements von Parteien steht grundsätzlich der Versuch von Einflussnahme auf die öffentliche Meinung. Welche Wirkung das haben kann, zeigt der Anteil des Internetportals Breitbart auf die Wahl von Donald Trump. Nicht von ungefähr ist der einstige Chef dieser Website heute der wichtigste Berater des Präsidenten. Aufgrund dieses Beispiels streben Politiker aller Couleurs wieder nach mehr Owned Media – wie das in der Ära der digitalen Netzwerke heißt. Denn rechte wie linke Parteien hatten nie wirkliche Freude mit unabhängigem Journalismus. Doch ohne dessen Kontrollfunktion steht jede Demokratie infrage.
Trotzdem bedeutet Parteihintergrund nicht zwangsläufig Propaganda. Wer Aktionär der „Neuen Zürcher“werden will, muss den Freidemokraten nahestehen. Sie ist dennoch ein Weltblatt. Unterdessen verliert die „Basler Zeitung“unter SVP-Einfluss enorm an Reichweite: je mehr Parteidiktat, desto weniger Erfolgsrezept. Doch sogar im Scheitern beschädigt es den Informationsstand der liberalen Demokratie. Deshalb: Wehret den Neuanfängen!
Peter Plaikner ist Politikanalyst und Medienberater mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.