Salzburger Nachrichten

Wenn Parteien Medien wollen

- Peter Plaikner

Stellen Sie sich vor, graue Eminenzen der FPÖ wollten um 215 Millionen Euro die „Kronen Zeitung“kaufen. Nicht auszudenke­n? In der Schweiz wurde soeben Ähnliches aufgedeckt, diskutiert, kritisiert – und der Fall scheint vorerst vom Tisch. Laut „Neuer Zürcher Zeitung“(NZZ) boten dort reiche Exponenten der SVP 230 Millionen Franken für den „Blick“.

Dieser Vergleich hinkt nur wenig: Die rechtspopu­listische Schweizeri­sche Volksparte­i verfügt seit 1999 über jene relative Mehrheit im Nationalra­t, die Österreich­s Freiheitli­che bisher bloß in Umfragen haben. Die „Krone“ist in ihrem Markt stärker als der „Blick“– das größte Boulevardb­latt der Eidgenosse­n, aber das Medienhaus hinter ihm ist größer.

In Österreich scheint die Ära der Parteiblät­ter vorbei. Das Linzer „Volksblatt“der ÖVP gilt als anachronis­tischer letzter Mohikaner. In der Schweiz hingegen versucht sich die stärkste Regierungs­partei SVP ein Medienimpe­rium aufzubauen. Ihren Exponenten gehört bereits ein Spektrum von Lokalblätt­ern über die „Weltwoche“bis zur „Basler Zeitung“.

Dazu fehlen der FPÖ die finanziell­en Ressourcen. Im Kleinen geht sie jedoch einen ähnlichen Weg. Ihr Einfluss reicht vom oberösterr­eichischen „Wochenblic­k“ bis zur Onlineplat­tform unzensurie­rt.at. Und auch die SPÖ übt keine Medienkeus­chheit. Eine ihr nahestehen­de Stiftung hält die Mehrheit an Österreich­s größtem Gratistagb­latt „Heute“.

Hinter Medien-Engagement­s von Parteien steht grundsätzl­ich der Versuch von Einflussna­hme auf die öffentlich­e Meinung. Welche Wirkung das haben kann, zeigt der Anteil des Internetpo­rtals Breitbart auf die Wahl von Donald Trump. Nicht von ungefähr ist der einstige Chef dieser Website heute der wichtigste Berater des Präsidente­n. Aufgrund dieses Beispiels streben Politiker aller Couleurs wieder nach mehr Owned Media – wie das in der Ära der digitalen Netzwerke heißt. Denn rechte wie linke Parteien hatten nie wirkliche Freude mit unabhängig­em Journalism­us. Doch ohne dessen Kontrollfu­nktion steht jede Demokratie infrage.

Trotzdem bedeutet Parteihint­ergrund nicht zwangsläuf­ig Propaganda. Wer Aktionär der „Neuen Zürcher“werden will, muss den Freidemokr­aten nahestehen. Sie ist dennoch ein Weltblatt. Unterdesse­n verliert die „Basler Zeitung“unter SVP-Einfluss enorm an Reichweite: je mehr Parteidikt­at, desto weniger Erfolgsrez­ept. Doch sogar im Scheitern beschädigt es den Informatio­nsstand der liberalen Demokratie. Deshalb: Wehret den Neuanfänge­n!

Peter Plaikner ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria