Der harte Weg zur Professur
Der Anteil an weiblichen Uni-Angestellten ist in den vergangenen Jahren merklich gestiegen. Dennoch gibt es nach wie vor ein Ungleichgewicht. Vor allem in einem Bereich tun sich Frauen schwer.
Ursula Maier-Rabler hat bislang eine beachtliche Universitätskarriere hingelegt. Die Wahlsalzburgerin ist Dr. phil., sie ist Gründerin des ICT&S-Centers der Uni Salzburg. An der Abteilung, die sich primär den Informations- und Kommunikationstechnologien widmet, ist sie auch stellvertretende Leiterin. Dennoch sagt sie selbst, dass sie akademisch nicht ganz das erreicht hat, was zu erreichen war. „Eigentlich habe ich es nicht geschafft – zumindest formal. Ich habe nicht habilitiert.“Der Grund liegt für Maier-Rabler auf der Hand: „Der isolierte Weg, das Eingesperrte, nur an der Habilitation Schreibende war nicht meins.“
Mit solchen Problemen hat nicht nur Maier-Rabler zu kämpfen. Vor allem Frauen tun sich beim Übergang vom Doktorat zur Professur nachweislich schwer. Die Abteilung Gleichstellung und Diversität an der Uni Wien hat deswegen etwa einen Großteil ihrer Bemühungen auf Postdoc-Ebene gebündelt. Der Postdoc-Bereich sei ein Paradebeispiel dafür, dass es für Frauen immer noch schwer sein könne, an Unis Karriere zu machen. „Es verdeutlicht diese von Männern entwickelte und stark männlich determinierte Publikations- und Wissenschaftskarriere“, sagt Maier-Rabler. Man müsse für eine Habilitation „einsam dahinforschen“und sich an die erste Stelle einer Publikation kämpfen, was Männern besser liege.
Dass es nach wie vor ein Ungleichgewicht an den heimischen Universitäten gibt, belegen auch die Zahlen: Von exakt 381.079 Studierenden, die im Wintersemester 2015/2016 an Österreichs Hochschulen inskribiert waren, sind zwar mittlerweile 55 Prozent weiblich (rund 206.000). Beim wissenschaftlichen Personal sind Männer aber nach wie vor deutlich in der Mehrzahl. Von 39.000 Uni-Mitarbeitern sind 23.000 Männer – und somit zirka 60 Prozent. Auf Professorenebene wird das Missverhältnis noch deutlicher. An der Uni Wien fallen beispielsweise lediglich 28 Prozent der Professorenstellen auf Frauen. Immerhin geht der Trend in die richtige Richtung – was etwa die Rektorenebene zeigt: Vor neun Jahren gab es in Österreich keine Uni-Rektorin, mittlerweile sind es sieben.
Dem Wissen schafts ministerium sind die anhaltenden Probleme offenbar bewusst. Anlässlich des Weltfrauentags vergangenen Mittwoch verweist das Ministerium auf Initiativen wie das Hertha-Firnberg-Programm, das Frauen auf Postdoc-Ebene fördern soll. Doch das Ministerium setzt auch schon während der Studienzeit an. „Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Studium weiter verbessern, um insbesondere das Potenzial hoch qualifizierter Frauen voll ausschöpfen zu können “, ließ sich Wissen schafts minister Rein hold Mitterlehner zitieren. Deshalb wolle man vor allem den Ausbau der Kinderbetreuung an Universitäten vorantreiben, da man nicht „auf das große Potenzial von Frauen an den Hochschulen“verzichten könne.
Für Sylwia Bukowska, Leiterin der Abteilung Gleichstellung und Diversität an der Uni Wien, starten die Probleme aber deutlich früher: „Das beginnt bereits im Kindergarten. Da werden schon erste Berufsbilder vorgegeben und Stereotype gebildet.“Diese würden sich dann etwa auf die Studienwahl auswirken – und das bedingt wiederum den Karriere verlauf. Aktuelle Daten der Studierenden sozial erhebung zeigen, dass Frauen sich für andere Fächer entscheiden als Männer. Studentinnen wählen deutlich öfter Fächer aus dem Sozial-und G es und heitsbere ich sowieLehr amts studien. In den technischen Fächern sind Frauen hingegen unterre präsentiert–vor allem an Fachhochschulen: Während sich 58 Prozent derFH Studenten für Technik oder Ingenieurs wissenschaften entscheiden, sind es unter den Studentinnen lediglich 17 Prozent. Die unterschiedliche Studienwahl führt auch dazu, dass Frauen verhältnismäßig seltener weiterführend studieren, da in technischen Fächern häufiger ein höherer Abschluss angestrebt wird. Beim Studientempo schneiden Frauen indes besser ab: Nach 16 UniSemestern haben 46 Prozent der weiblichen und 41 Prozent der männlichen Studenten ihr Studium abgeschlossen.
Ursula Maier-Rabler macht aber ebenso bei den Frauen selbst Probleme aus. Es gebe Frauen, die nach ihrer Habilitation männliche Werte dermaßen verinnerlicht hätten, dass sie jungen Kolleginnen nicht wirklich unter die Arme griffen. „Frauen wollen oftmals nicht in den Verdacht kommen, ihr eigenes Geschlecht zu bevorzugen.“Sylwia Bukowska ist in diesem Punkt anderer Meinung. Mit Sicherheit gebe es solche Fälle. Aber sie glaubt nicht, dass diese bei Frauen tendenziell öfter auftreten.
Einig sind sich Bukowska und Maier-Rabler, wenn es um Frauenquoten geht. Solche seien notwendig. „Das ist derzeit noch ein notwendiger Weg, um eine Brücke zu schlagen“, sagt Sylwia Bukowska. Zudem sei bei einer Quote niemals ein Merkmal allein entscheidend. „Wenn eine Frau nicht zumindest gleich gut ist, kann sie auch nicht genommen werden.“
Aber was sind sonst noch Lösungsansätze? Ursula Maier-Rabler wünscht sich zum einen ein System, das parallel zur klassischen Habilitation weitere Möglichkeiten bietet. Man könne etwa die Lehre oder den wissenschaftlichen Unternehmergeist stärker in den Vordergrund rücken – so wie es im angloamerikanischen Raum der Fall sei. „Doch solange die, die sich nach dem alten Modell habilitiert haben, über die Veränderungen entscheiden, wird sich wenig tun.“Parallel wünscht sich Maier-Rabler „mehr weibliche Wissenschaftspolitik“. Und die Wahlsalzburgerin tut auch selbst etwas, um die Verhältnisse zu ändern: Sie koordiniert die „ditact“, ein informatikzentriertes Kursprogramm von Frauen für Frauen.
Sylwia Bukowska wünscht sich hingegen, dass Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft nicht einfach abgehakt wird, nur weil der Trend ein positiver ist. Dabei solle vor allem ein Ziel im Vordergrund stehen: „Es geht nicht bloß darum, für eine bestimmte Gruppe etwas zu erreichen – sondern das System Wissenschaft mit seinen Ein- und Ausschlussmechanismen zu hinterfragen. Denn von einem gerechteren System profitieren alle, nicht nur Frauen.“