Wie sich Pop und Film gegenseitig beeinflussen
Das Filmfestival Diagonale blickt intensiv auf den Schauplatz Popkultur: „1000 Takte Film“.
Lange bevor Uma Thurman für Quentin Tarantino vor der Kamera stand, spielte die USSchauspielerin die Hauptrolle in einem Film des österreichischen Regisseurs Peter Ily Huemer. „Kiss Daddy Good Night“lautet der Titel dieses dunklen Großstadtfilms von 1987, in dem die damals 17-Jährige als klassische Femme fatale „Laura“in New York auf nicht ungefährlichen nächtlichen Männerfang geht.
Huemers Thriller, in dem auch Steve Buscemi zu sehen ist, versteht sich als Hommage an die amerikanische Popkultur, als Sehnsuchtsmotiv in einem NeoFilm-Noir, der auch einiges über Mythentransfer über den großen Teich zu berichten hat. „Kiss Daddy Good Night“wurde von den Diagonale-Intendanten Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber für die Progammreihe „1000 Takte Film“ausgewählt. Diese Abwandlung eines Songtitels der Wiener Punkband Chuzpe umfasst das Bemühen, den Einflüssen von Popkultur auf den österreichischen Film (und umgekehrt) nachzuspüren. „Schlaglichtartig, facettenreich, neugierig und unterhaltsam“, wie das Intendanten-Duo betont. Eine Dokumentation der Band Chuzpe – auch hier führte Peter Ily Huemer Regie – findet sich ebenso in diesem Pop-Special wie Klassiker (z.B. „Malaria“von Niki List, „Coconuts“von Franz Novotny), oder mehrere filmische Begegnungen mit Hansi Lang, Wilfried oder den legendären Schmetterlingen. Ein Beispiel aus der Gegenwart ist der ungewöhnliche, weil experimentelle Tourfilm „Durchgang“des steirischen Multitalents Wolfgang Möstl, der mit seiner Bands Mile Me Deaf und Killed by 9Volt Batteries Erfolge feiert.
Das Schlaglicht auf den Schauplatz Popkultur ist auch ein Beleg dafür, dass Höglinger und Schernhuber nach ihrem Auftaktsjahr immer stärker ihre eigene Handschrift im Festival des österreichischen Films hinterlassen. Das Duo hat für die heurige Diagonale insgesamt 191 Filme und Videos ausgesucht, wovon 106 Filme im Wettbewerb laufen. Fazit der mehrere Monate dauernden Sichtungsarbeit: „Der globale Kinotrend, das Ineinanderfließen von Genres, wird auch auf der Diagonale erkennbar.“
Diesem Umstand wird in Graz erstmals mit genreübergreifenden Kurzspielprogrammen und Vorfilmen Rechnung getragen. Die Verquickung und partielle Auflösung von Genregrenzen sei nicht nur bei Avantgardefilmen, auch bei Musikvideos, Spiel- und Dokumentarfilmen sichtbar. Eine weitere Neuerung im Festivalprogramm ist das Format „Diagonale im Dialog“: Unter anderem werden hier Josef Hader, Elisabeth Scharang sowie Virgil Widrich und Christian Berger miteinander ins Gespräch kommen. Im Rahmenprogramm „Unvergessen“würdigt die Diagonale den kürzlich im Alter von 104 Jahren in London verstorbenen Fotografen und Kameramann Wolf Suschitzky. Eine Verneigung vor einem ganz Großen. Festival: