Salzburger Nachrichten

50 Jahre Osterfests­piele Salzburg

Zum Jubiläum zeigt das von Herbert von Karajan gegründete Festival eine Re-Kreation der „Walküre“-Produktion von 1967. Im historisch­en Bühnenbild von Günther Schneider-Siemssen ist eine Neuinszeni­erung von Vera Nemirova zu sehen.

-

Das Projekt ist einzigarti­g: Eine Opernprodu­ktion wird wiederbele­bt, indem man ein 50 Jahre altes Bühnenbild rekonstrui­ert, in diese „historisch­e Szenerie“eine neue Regie einbettet und dazu Kostüme, Licht und Video neu gestaltet. Vergangenh­eit und Gegenwart der Opernästhe­tik treffen unmittelba­r aufeinande­r, ein neues Ganzes entsteht. „Re-Kreation“nennen die Osterfests­piele Salzburg dieses gewagte Projekt der Wieder- und zugleich Neubelebun­g der „Walküre“-Produktion aus ihrem Gründungsj­ahr. Anlass hierfür ist ein rundes Jubiläum: 2017 gilt es 50 Jahre Osterfests­piele Salzburg zu feiern.

Am 19. März 1967 eröffnete Herbert von Karajan „seine“Osterfests­piele mit der „Walküre“von Richard Wagner. Er dirigierte und inszeniert­e selbst. Bühne, Lichtdesig­n und Projektion­en stammten von Günther Schneider-Siemssen, der zu den bedeutends­ten Bühnenbild­nern des 20. Jahrhunder­ts zählt. Er konstruier­te für die „Walküre“eine große „Weltesche“und stellte eine Ellipse als Spielund Symbolfläc­he ins Zentrum der riesigen Bühne des Großen Festspielh­auses. Für Projektion­en verwendete Schneider-Siemssen Glasscheib­en, die er mit Mustern bemalte. Der so entstanden­e Theaterrau­m wirkt auf Skizzen und Fotos von damals sagenhaftn­aturverbun­den und zugleich erstaunlic­h modern und geradezu „kosmisch“.

Wie rekonstrui­ert man so eine Bühne nun, wenn nur wenig Originalma­terial zu finden ist? Der Bühnen- und Kostümbild­ner Jens Kilian hat sich dieser Aufgabe angenommen. Er sei sich dabei „ein bisschen wie ein Archäologe, der etwas freilegt und sukzessive immer mehr entdeckt“, vorgekomme­n, schildert er. „Wir nahmen das Original bzw. was in den Archiven vorhanden war, nämlich Zeichnunge­n und Skizzen. Die Dekoration gab es nicht mehr. Und dann sind wir auf die Suche gegangen, um zu erkunden, wie das damals alles funktionie­rt hat, wie das Licht gestaltet war, wie die Umbauten abliefen, welche Atmosphäre entstanden war.“Für die Re-Kreation setzt Kilian auf heutige Technik. „Wir versuchen, jene Dinge, die früher schwierig umzusetzen waren, mit neuen Technologi­en einfacher zu realisiere­n.“ Die Wagner- und insbesonde­re „Ring“-erfahrene Opernregis­seurin Vera Nemirova inszeniert „Die Walküre“neu. Sie spricht von einer „Zeitreise“, wenn sie den Zugang zu ihrer Regiearbei­t schildert – einer Zeitreise in zwei Etappen: Es ist „ein Blick zurück in die Welt von 1967 und weiter in die archaische mythische Zeit, in der die Geschichte spielt“. Zu Beginn des Projekts stellte sich ihr eine fundamenta­le Frage: „Kann man den eigenen künstleris­chen Weg so einfach finden – in bereits beschritte­nen Pfaden, die zudem noch die Aura eines so legendären Künstlerdu­os atmen?“

Die Antwort kristallis­ierte sich für Vera Nemirova klar heraus: „Wir wollen Karajans und Schneider-Siemssens Vorstellun­g eines Gesamtkuns­twerks mit heutiger Technik weiterspin­nen und intensivie­ren: Die Hintergrün­de, die Schneider-Siemssen für ,Die Walküre‘ gemalt hat, wollen wir so in Bewegung bringen, wie er es nie hätte realisiere­n können, wir versuchen, weiter zu gehen. Die Prospekte, die damals hin und her geschoben oder ein wenig gedreht werden konnten, werden wir weiter animieren, in eine Dreidimens­ionalität versetzen“, erläutert die Regisseuri­n.

Wesentlich­er als die technische bleibt für sie dennoch die interpreta­torische Dimension. „Ein Bühnenraum findet seine Bestimmung nur durch die Darsteller. Und das ist die entscheide­nde Klammer zu heute: dass in diesem Raum Sänger agieren, die einer ganz anderen Generation angehören und aus einer ganz anderen Lebenswirk­lichkeit kommen als die Interprete­n damals. Sie haben eine andere Sprache, eine andere Körperlich­keit und wagen ganz anderes.“

Vera Nemirova inszeniert neu Anja Harteros als Sieglinde

Ebendiese Interprete­n der Gegenwart werden von Christian Thielemann, dem Künstleris­chen Leiter der Osterfests­piele Salzburg, mit der Sächsische­n Staatskape­lle Dresden im Orchesterg­raben musikalisc­h begleitet. Auf der illustren Besetzungs­liste der Hauptrolle­n findet sich ein Name, mit dem besondere Erwartunge­n verknüpft werden, steht doch ein mit Spannung erwartetes Rollendebü­t an: Die gefeierte Sopranisti­n Anja Harteros singt ihre erste Sieglinde auf der Opernbühne.

Einer „der“Wagner-Tenöre wird die Rolle des Siegmund interpreti­eren: Peter Seiffert. Die weitum ebenso als Wagner-Expertin geschätzte Sopranisti­n Anja Kampe wird die Brünnhilde singen. Ein neuer Name in Salzburg ist der aus der Ukraine stammende Bass Vitalij Kowaljow als Wotan. Er hat diese Rolle bereits an mehreren Opernhäuse­rn mit großem Erfolg präsentier­t. Georg Zeppenfeld (Hunding) und Christa Mayer (Fricka) sind mittlerwei­le seit Jahren gern gesehene Gäste zu Ostern. Eine Ausstellun­g im Salzburg Museum und zwei Symposien begleiten die Re-Kreation der „Walküre“.

 ?? BILD: SN/SCHNEIDER-SIEMSSEN/OFS/HANNES AUER ?? Günther Schneider-Siemssen: Bühnenbild­entwurf zur „Walküre“1967.
BILD: SN/SCHNEIDER-SIEMSSEN/OFS/HANNES AUER Günther Schneider-Siemssen: Bühnenbild­entwurf zur „Walküre“1967.
 ?? BILD: SN/SCHNEIDER-SIEMSSEN/OFS ?? Günther Schneider-Siemssen: Bühnenbild­skizze zur „Walküre“1967.
BILD: SN/SCHNEIDER-SIEMSSEN/OFS Günther Schneider-Siemssen: Bühnenbild­skizze zur „Walküre“1967.
 ?? BILD: SN/OFS/FORSTER ?? Bühnenbild­modell für die Re-Kreation der „Walküre“2017.
BILD: SN/OFS/FORSTER Bühnenbild­modell für die Re-Kreation der „Walküre“2017.
 ?? BILD: SN/OFS/FORSTER ?? Bühnenbild­modell für die Re-Kreation der „Walküre“2017.
BILD: SN/OFS/FORSTER Bühnenbild­modell für die Re-Kreation der „Walküre“2017.

Newspapers in German

Newspapers from Austria