Europäisch-türkisches TV
Die Kakophonie der babylonischen Sprachverwirrung um osmanische Agitation auf teutonischem Boden übertönt einen Vorschlag des Vorsitzenden der deutschen Grünen. Cem Özdemir regt die Gründung eines gemeinsamen Fernsehsenders nach Vorbild von Arte an. Öffentlich-rechtliche Kooperation mit der Türkei – ähnlich jener, wie sie Deutschland seit 25 Jahren mit Frankreich pflegt. Ein Medium für den Kultur- und Informationsaustausch als Grundlage für die Verbesserung nachbarlicher Beziehungen.
Im Falle der Türkei betrifft dies die gesamte EU. Deshalb sollten auch andere Staaten die Idee aufgreifen. Die Union leidet am Mangel einer europäischen Öffentlichkeit. Kommerzielle Versuche, ein Medium zu etablieren, scheiterten an der Sprachvielfalt. Öffentlichrechtliche Anläufe blieben halbherzig. Hierzulande war es kaum Randnotizen wert, als der ägyptische Milliardär Naguib Sawiris 2015 zum Mehrheitseigner von Euronews geworden ist. Und dass vor einem Monat NBC 25 Prozent Sperrminorität übernommen hat, fand null Widerhall.
Zu dieser Ignoranz passt das populärste Format des künftigen Euronews NBC: Sein „No Comment“ist sprachlos. Sprachlos macht unterdessen, dass öffentlich-rechtliche Anstalten des Abendlandes weniger Potenzial in einem paneuropäischen Sender sehen als afrikanische und amerikanische Investoren. Wenigstens beteiligen sich noch 23 solche Rundfunkinstitutionen an diesem Programm in 13 Sprachen für global 350 Millionen Haushalte. Die türkische TRT ist auch dabei; aus dem deutschsprachigen Raum aber nur die SRG.
Der ORF hingegen hält bloß 25 Prozent an 3sat und hat das Budget dafür um 40 Prozent gekürzt. Er setzt eher auf artfremde Aktivitäten als eine internationale Visitenkarte. Mit Übernahme der Idee von Cem Özdemir hätte er eine Chance, sich wie einst in den 1970er-Jahren als Vorreiter im öffentlich-rechtlichen Senderkonzert Europas zu profilieren. Denn türkische Parallelgesellschaft entsteht auch auf Grundlage eigener Mediennutzung. Ein Kanal ähnlich Arte wäre zumindest für die viel gescholtenen, aber einflussreichen Eliten ein Alternativangebot.
Der Name Arte kommt übrigens nicht von Kunst, sondern ist das Kürzel für Association Relative à la Télévision Européenne – Zusammenschluss bezüglich des europäischen Fernsehens. Als Titel für das neue Projekt empfiehlt sich Sanat. Das türkische Wort für Kunst als Akronym für einen Sender anständiger Nachrichten zum aktuellen Tagesgeschehen.