Was hat Vorrang, Biber oder Zwergbinsen?
Im Gewerbepark Urstein ist der Biber los. Nun hat er den Abfluss einer Fläche aufgestaut, auf der eine stark bedrohte Pflanzenart wächst.
PUCH. Wer mit der S-Bahn von Salzburg Richtung Hallein fährt, sieht öfter Bäume, die von einem Biber gefällt wurden. Die großen Nagetiere waren einst in Salzburg so gut wie ausgerottet und stehen nun unter strengem Schutz. Doch was passiert, wenn der Biber sein Revier so wählt, dass er damit einer anderen stark geschützten Pflanzenart den Lebensraum wegnimmt?
Für Franz Stiller ist die Sache klar. „Der Biber hat Recht“, sagt der Geschäftsführer der Gewerbepark Urstein GmbH, wo sich die Fläche von gut 1000 m2 befindet. „Ich wehre mich dagegen, dass man in den Lebensraum des Bibers eingreift. Die Zwergbinsen sollen halt woanders wachsen.“
Doch so einfach ist die Sache nicht, wie der Biologe Martin Kyek erklärt. Zwergbinsen seien nämlich in Salzburg quasi ausgestorben, weil den Pflanzen die entsprechenden Lebensräume fehlten. Sie wachsen nämlich auf Flächen, die acht Monate pro Jahr unter Wasser stehen. In den verbleibenden drei bis vier Monaten, sobald das Wasser vertrocknet ist, spulen sie ihren Lebenszyklus ab. „Das kann sonst keine Pflanzenart in dieser kurzen Zeit“, erklärt Kyek. Früher seien diese Pflanzen in sumpfigen Gebieten heimisch gewesen, zum Beispiel im Oberpinzgau. In der Urstein-Au befand sich jahrzehntelang eine Deponie, um die sich niemand wirklich gekümmert hat. Dort fanden die Zwergbinsen ideale Bedingungen. Da sich sumpfiges Gebiet und ein Gewerbepark nicht vertragen, wurden die Zwergbinsen in ein Gewässer in der Nähe der Justizanstalt umgesiedelt. Die Besitzer des Gewerbeparks müssen laut UVP-Bescheid die Fläche künstlich fluten und wieder trocknen lassen.
„Doch da ist jetzt der Biber hineingegrätscht“, sagt Kyek. Für ihn ist die Lage klar: „In unseren Breiten sind die Zwergbinsen viel seltener als der Biber.“Man werde daher vermutlich das Wasser abpumpen, „dann sucht sich der Biber einen anderen Spielplatz“. Damit entziehe man dem Tier nicht die Lebensgrundlage. Auch in der Antheringer Au habe eine Biberfamilie drei Mal umziehen müssen, weil sich die Salzach immer tiefer in ihr Bett eingegraben habe. Dass das Zwergbinsengewässer abwechselnd geflutet und trocken sei, komme übrigens auch anderen Lebewesen zugute, zum Beispiel Amphibien, sagt Kyek. „Der Laubfrosch findet hier ideale Bedingungen.“
„Der Biber hat recht. Ich wehre mich dagegen, dass er Lebensraum verliert.“Franz Stiller, Gewerbepark Urstein