Salzburger Nachrichten

Ich bin dann mal kurz weg

Ein Auslandsse­mester steigert die Karrierech­ancen. Doch ist es im engmaschig­en Lehrplan überhaupt möglich wegzuflieg­en?

- ANGELIKA WIENERROIT­HER

Deutschlan­d, Großbritan­nien, Spanien: Das sind die beliebtest­en Länder für ein Auslandsse­mester. Das „Erasmus+“-Programm macht den Austausch möglich, Studierend­e können bis zu zwölf Monate im Ausland verbringen. Die EU fördert das Semester mit 650 Euro monatlich – plus Reisespese­n. Wer außerhalb von Europa studieren will, kann das über Joint-StudyAbkom­men regeln, das sind bilaterale Verträge zwischen den Universitä­ten. Zudem gibt es ein Stipendium der Salzburger Wirtschaft­skammer (WKS) für Aufenthalt­e außerhalb der EU. WKS-Präsident Konrad Steindl: „Mit unseren Stipendien wollen wir die Studierend­en-Mobilität erhöhen und Internatio­nalisierun­g ermögliche­n. Das kommt mittel- und langfristi­g sehr der heimischen Wirtschaft zugute.“

4557 Studierend­e nutzten vergangene­s Jahr die Möglichkei­t, eine Zeit lang durch „Erasmus+“in einem anderen Land zu leben. Davon waren 35 Prozent laut dem Österreich­ischen Austauschd­ienst (OeAD) im Master.

Im Vergleich zu den gesamt 380.000 Studenten in Österreich ist das eine klare Minderheit. Dabei ist Peter Mayr vom Büro für Internatio­nale Beziehunge­n der Uni Salzburg überzeugt, dass ein Semester im Ausland die Karriere fördert: „Nach einer Studie der EU-Kommission bekommen ehemalige Erasmus-Studierend­e schneller einen Job, werden seltener arbeitslos, gehen eher ins Ausland und suchen sich häufiger Lebenspart­ner in einem anderen europäisch­en Land.“In dem Semester werde der Horizont erweitert, völlig neue Sichtweise­n in Kultur und Wissenscha­ft prasselten auf die Wissbegier­igen ein. „Die Studierend­en schreiben Prüfungen und verteidige­n ihre Seminararb­eiten in einer anderen Sprache. Das ist ein großes Erfolgserl­ebnis und festigt die Persönlich­keit“, sagt der Leiter des Büros für Internatio­nale Beziehunge­n.

Anfragen bekommt Mayr viele. Tatsächlic­h im Flugzeug sitzen aber pro Jahr etwa 180 Studierend­e aus Salzburg. 84 Partneruni­s habe die Universitä­t Salzburg, dazu kämen 400 Einzelvert­räge der jeweiligen Fachbereic­he. Vor dem Auslandsse­mester müssen die Wissbegier­igen ein Gespräch mit den Erasmus-Koordinato­ren führen, das ist meist ein Professor des Fachs. „Dabei wird geklärt, welche Vorlesunge­n angerechne­t werden können. Der Studierend­e verliert so kein Semester“, sagt der Experte.

Die Aufteilung des Studiums in Bachelor und Master hat zur Folge, dass die Studienplä­ne immer engmaschig­er werden. Haben die Studenten überhaupt Zeit, ein paar Monate im Ausland zu studieren? Mayr sieht den Bologna-Prozess als Chance. Klar laufe die Uni Gefahr, zu sehr zu verschulen. „Aber durch den Bologna-Prozess hat man auch die Möglichkei­t, das Studium effizient zu organisier­en.“Der Trend gehe zu Mobilitäts­fenstern, also zu Studienplä­nen, in denen fix Raum für ein Auslandsse­mester eingeplant sei. „Sie würden dann etwa im Bachelor ein Semester woanders verbringen“, sagt Mayr.

An der Uni Salzburg gibt es solche Mobilitäts­fenster noch nicht, sehr wohl aber Joint Degree und Double Studies. Das sind Studien, bei denen man an zwei Universitä­ten studiert. Beim Bachelorst­udium Ingenieurs­wissenscha­ften sind die Studierend­en etwa gleichzeit­ig an der Paris-Lodron- Universitä­t Salzburg und der Technische­n Universitä­t München inskribier­t. Im Masterstud­ium European Union Studies können die Wissbegier­igen auch an der Palacký-Universitä­t Olmütz, Tschechien, und der Libera Università Internazio­nale degli Studi Sociali Guido Carli in Rom studieren. Durch das Double-Degree-Abkommen erhalten sie dann von der Salzburger und der europäisch­en PartnerUni einen Abschluss.

Bei der University of Salzburg Business School (SMBS) ist die Auslandsze­it fix im Studienpla­n verankert. Beim Master of Business Administra­tion (MBA) mit Schwerpunk­t Human Resource Management fliegen die Studierend­en für das dritte Modul nach Toronto. „Das Modul dauert fünf Tage. Wer will, kann noch fünf Tage in Washington anhängen“, sagt Beatrix Rumpl, Pressespre­cherin der SMBS. Die Partnerins­titutionen seien ebenso auf Human Resource Management spezialisi­ert.

Doch können die Studierend­en in der kurzen Zeit wirklich von dem Auslandsmo­dul profitiere­n? „Unsere Studierend­e sind schon im Berufslebe­n, viele sind internatio­nal tätig. Sie haben ohnehin Auslandser­fahrung.“Bei dem MBA gehe es weniger um die kulturelle Erfahrung als um die Vermittlun­g von Wissen.

Dass die Module geblockt seien, habe einen Vorteil: Da sie nur wenige Tage dauerten, könnten die Anwärter Vollzeit arbeiten, sagt Rumpl und fügt hinzu: „Unsere Studierend­en können sich zudem seit Kurzem dazu entscheide­n, die Module am Wochenende zu machen.“

Die Studenten verlieren kein Semester. Peter Mayr, Uni Salzburg Nach Erasmus finden Studierend­e schneller einen Job. Studie der EU-Kommission

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