Ein Bikini, fotografiert mit grafischen Mitteln
Der Produktfotograf Hans Hansen wollte nie Kunst machen, ist nun aber in der Kunst gelandet.
Um einen Bikini effektvoll zu fotografieren, bedarf es nicht unbedingt eines weiblichen Körpers. Im Auftrag des Magazins „Geo“lichtete der deutsche Fotograf Hans Hansen die Badebekleidung flach auf einem gelblichen Untergrund ab, die Textilie wird zu einer Grafik, die an die Pop-Art erinnert. Der Subtext des auffälligen Produktfotos hat mittlerweile eine „ganz furchtbare Bedeutung“, wie es Hansen formuliert. Der Bikini stammt aus Syrien, besteht aus gewalztem Fruchtgummi, dem Viagra beigemischt worden ist. „Beklemmend in einer Zeit, in der ganz Syrien von Krieg, Gewalt und Zerstörung geprägt ist“, sagt der Fotograf.
Es gibt Fotos, die kennt man, ohne dass einem der Name des Urhebers geläufig ist. Meist handelt es sich dabei um Fotografien aus der Tagespresse oder aus der Werbung. Hans Hansen ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Produktund Sachfotografen Deutschlands, etliche seiner Bilder gelten als Schlüsselwerke in der Werbefotografie. Man denke beispielsweise an die in alle ihre Einzelteile zerlegten Autos – Käfer und Golf – aus dem Haus Volkswagen. Seither weiß man, dass das Fahrzeug aus 6843 Einzelteilen besteht. Der heute 77Jährige fotografierte Kampagnen für Lufthansa, Daimler-Benz, Sony, Kodak, Porsche, Joop und noch viele andere mehr. Die Camera Austria hat dem Deutschen nun die erste institutionelle Ausstellung im Kunstkontext gewidmet.
Noch in der Bauhaus-Bewegung war die Fotografie von Dingen Teil der künstlerischen Produktion. Jahrzehnte später löste sich die künstlerische Autorenfotografie von der kommerziell geprägten angewandten Fotografie ab. „Ich wollte nie Kunst machen“, sagt Hans Hansen und gibt zu, sich selbst „nie über die Grenze hin zur Kunst gewagt“zu haben. Sein Ziel sei es gewesen, ansprechende Fotos zu machen. Dass er nun – ähnlich wie einst der Schweizer Polizeifotograf Arnold Odermatt – auch vom Betriebssystem Kunst entdeckt wird, ist ihm nicht unangenehm: „Wenn wie hier in Graz die Auswahl der Bilder sehr reduziert erfolgt, kann es auch funktionieren.“Die Ausstellung „Atelier“präsentiert ausschnitthaft die auf Nüchternheit und Prägnanz abzielende Bildsprache eines Fotografen, der als Autodidakt zu bezeichnen ist. Bestes Beispiel dafür ist das Bild „o.T. (Ei)“aus dem Jahr 1998. Hansen fotografierte ein Hühnerei für eine große deutsche Zeitung von oben auf grauem Grund.
Perfekte Lichttechnik und die ausgeklügelte Perspektive verleihen dem Naturprodukt eine – auf den ersten Blick – eigentümliche Künstlichkeit, das Ei scheint zu schweben. Diese und andere Aufnahmen verströmen das Flair der Bauhaus-Philosophie. Seine Passion? „Fotografieren mit grafischen Mitteln.“ Ausstellung: