Rückschlag für Stromgroßhandel
EU-Regulator gibt Deutschland recht, Verbund-Chef hofft auf Einigung.
SALZBURG. Seit Jahren versucht die Europäische Union, den Energiemarkt auch auf dem Stromsektor zu liberalisieren, doch ausgerechnet im gleichsam einzigen Strom-Binnenmarkt sollen nun die Uhren zurückgedreht werden. Deutschland macht Druck, die bestehende gemeinsame Strompreiszone (für den Großhandel) mit Österreich und dem noch viel kleineren Luxemburg zu beschränken.
Setzt sich Deutschland durch, ist ab der zweiten Jahreshälfte 2018 mit spürbaren Strompreiserhöhungen in Österreich zu rechnen. Hintergrund: In Deutschland fehlen wegen der Energiewende Stromleitungen, um überschüssigen Strom aus Windenergie von den Küsten im Norden des Landes in den Süden der Bundesrepublik zu bringen. Der Chef von Österreichs größtem Stromkonzern Verbund, Wolfgang Anzengruber, hofft in der Debatte noch auf einen Kompromiss. Federführend seien hier die Regulatoren für den Energiemarkt tätig, sagte Anzengruber am Montag bei einem Besuch der Verbund-Töchter in Salzburg. Mit einer Entscheidung rechnet er bereits in den nächsten zwei Monaten. Erst kürzlich bei der Bilanzpressekonferenz hatte Anzengruber die von Deutschland eingeschlagene Linie als „reinen Willkürakt“bezeichnet.
Ausgerechnet am Montag gab die österreichische Regulierungsbehörde E-Control bekannt, dass ihr Einspruch gegen Deutschlands Festlegung vom Beschwerdeausschuss des europäischen Regulators ACER abgewiesen wurde. Die EControl prüft nun weitere Rechtsmittel. Das Ziel einer einvernehmlichen Lösung bleibe aufrecht, betont der E-Control-Vorstand.
Derzeit gebe es zwischen Österreich und Deutschland eine Kapazität von 10.000 Megawatt, sagte Anzengruber. Wenn man an der Grenze zu Österreich eine Engstelle einbaue, sodass etwa nur noch die halbe Kapazität übrig bleibt, könnte das in Österreich den Strompreis für den Endkunden um zehn bis 15 Prozent verteuern, sagte Anzengruber. Noch größere Nachteile hätten aber andere Länder wie Ungarn, die Slowakei und die Balkanstaaten.
„Die Leitungen fehlen auch in Deutschland.“W. Anzengruber, Verbund-Chef