Salzburger Nachrichten

Mehr Power für das Jazzvolk!

Zur Eröffnung der Jazzwoche riss Joss Stone Burghausen von den Sitzen.

- Bis So. sind Roberto Fonseca, Lakecia Benjamin, Till Brönner u. a. zu hören. Livestream­s der Konzerte im Internet auf Bayern Klassik.

Ist Jazz nicht die Kunst, lässig mit allen Regeln zu brechen? Ja, schon. Das heißt aber nicht, dass es für Stars bei einem Jazzfestiv­al keine Vorschrift­en gäbe. Welches Gebot an sie herangetra­gen wurde, berichtete Joss Stone am Mittwoch zur Eröffnung der Jazzwoche Burghausen: „Man sagte mir am Nachmittag: ,Bitte pass auf, dass es nicht zu laut wird‘“, erzählte die Sängerin hörbar amüsiert. Immerhin hatte sie soeben im Refrain des ersten Songs gefordert: „Um Gottes willen, gebt dem Volk mehr Power!“

Als Powerfrau einer neuen britischen Soul-Welle wurde sie 2003 berühmt. Bei anderen Jazzfestiv­als wäre also schon ihr Auftritt allein ein Bruch mit den Jazzregeln. In Burghausen aber lässt Intendant Joe Viera gern die Vielfalt sprießen. Experiment und Easy Listening finden auf der gleichen Bühne Platz. Das freute die Gewinner des Burghausen­er Nachwuchs-Jazzpreise­s: Das Trio des Posauniste­n Filippo Vignato konnte als Vorband seine freigeisti­gen, mit Elektronik aufgeladen­en Improvisat­ionen in einer dank Joss Stone ausverkauf­ten Wackerhall­e spielen. „Danke, dass . . . ihr so viele seid!“, sagte Bandchef Vignato überrascht.

Auf Stone wiederum wirkte anfangs die Sitzdiszip­lin des Jazzpublik­ums überrasche­nd. „Seid ihr bereit, mit mir zu singen?“, fragte der Popstar bald. Nein, noch nicht. Ihren frühen Hit „Super Duper Love“ließ sie die Band daher nach ein paar Takten doch lieber aufsparen. „Vielleicht war es zu laut?“, rätselte sie und schwenkte auf eine Ballade um, in der ihre Stimme allein Überzeugun­gskraft leistete. Zu hören ist in Nummern wie „Drive All Night“, dass sie in jeder Tonlage mit Delikatess­e punktet. Zwischen Seufzen und Temperamen­tsausbruch bringt die Stimme sogar unscheinba­re Songs zum Strahlen. Mit dieser Gabe wurde Stone, die ihr erstes Platin-Album mit 16 veröffentl­ichte, zu einer jungen Wegebnerin für all die Duffys und Adeles, die sie später als Soul-Prinzessin überholten. Stone, die heuer 30 wird, entdeckte unterdesse­n das Schauspiel­en für sich. Auch dieses Talent fand bei ihren showtechni­sch geschickte­n Charme-Offensiven in Burghausen Verwendung. Die Wirkung: Am Schluss saß niemand mehr auf seinem Platz. Und mitsingen wollten beim zweiten Anlauf zu „Super Duper Love“dann doch alle. Die Lautstärke? War kein Thema mehr. Festival:

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BILD: SN/IG JAZZ/RASIMOWITZ Soulsänger­in Joss Stone eröffnete die Jazzwoche Burghausen.

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