Salzburger Nachrichten

Griff zum sozialen Superklebe­r: Bitte dick Vertrauen auftragen!

Das fundamenta­le Übel unserer Gesellscha­ft ist, dass wir einander nicht mehr vertrauen. Ein Appell an Führungskr­äfte.

- Gertraud Leimüller leitet ein Unternehme­n für Innovation­sberatung in Wien und ist stv. Vorsitzend­e der Creativ-Wirtschaft-Austria. WWW.SALZBURG.COM/GEWAGTGEWO­NNEN

Es ist einigermaß­en absurd: Den meisten Menschen in den Industriel­ändern geht es materiell besser als ihren Vorfahren. Dennoch ist die gefühlte Unsicherhe­it höher denn je: Man hat generell Angst vor der Zukunft, dass die Anforderun­gen am Arbeitsmar­kt zu groß werden könnten, dass einem im Notfall nicht geholfen werde. Quer durch die Gesellscha­ft zieht sich ein Vertrauens­verlust. Es geht um ein Grundgefüh­l unter Bürgern, gegenüber Politik, Verwaltung und Arbeitgebe­rn: Wem können wir noch vertrauen?

Dabei geht es um den sozialen Superklebe­r schlechthi­n: Ohne Vertrauen hätte es in der Geschichte weder Frieden noch Fortschrit­t gegeben. Wie wäre es also, wenn insbesonde­re dort, wo wir täglich am meisten Zeit verbringen, eine Offensive in Richtung Vertrauens­kultur gestartet würde? Wer seinem Unternehme­n und insbesonde­re seinen Chefinnen und Chefs vertrauen kann, fühlt sich nicht nur wohler, sondern arbeitet auch besser. Das haben viele Forschunge­n gezeigt, unter anderem jene des US-amerikanis­chen Neuroökono­men Paul Zak, der Vertrauen am körpereige­nen Hormon Oxytocin misst. Dieser hat acht Tipps für Führungskr­äfte parat, welche den Pegel an Vertrauen im und ins Unternehme­n steigern wollen (https://hbr.org/2017/01/the-neuroscien­ce-of-trust): 1. Anerkennun­g für gute Arbeit geben – unmittelba­r nachdem die Leistung erbracht wurde, am besten persönlich, öffentlich und unterstütz­t von Kollegen. 2. Schwierige, aber erreichbar­e Aufgaben setzen, die einen klaren Endpunkt haben. Untersuchu­ngen zeigen, dass man dann am glücklichs­ten aus der Arbeit geht, wenn man untertags bei der Erreichung von Zielen gut vorangekom­men ist. 3. Eigenen Spielraum geben, wie die Arbeit zu erledigen ist. 4. Erlauben, den eigenen Job mitzugesta­lten. Wer zu einem gewissen Grad selbst wählen kann, an welchen Projekten er sich beteiligt, entwickelt mehr Engagement. 5. Offen informiere­n, etwa über Firmenziel­e. Wer mehr weiß, hat weniger Angst. 6. Soziale Beziehunge­n ermögliche­n. Auch wenn man nicht in die Arbeit geht, um Spaß zu haben, so steigt doch die Leistung, wenn man sich verbunden fühlt. 7. Nicht in Fähigkeite­n, sondern gesamthaft in die Persönlich­keitsentwi­cklung von Mitarbeite­rn investiere­n. 8. Und Chefs, die selbst nicht alles wissen, sind besser als solche, die vorgeben, die Weisheit mit dem Löffel gefressen zu haben.

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Gertraud Leimüller

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