Salzburger Nachrichten

Europa soll wieder groß denken

Bayerns Finanzmini­ster sieht Trump als Chance, geeint Stärke zu zeigen.

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WIEN. Wenn der bayerische Finanzmini­ster in der jüngeren Vergangenh­eit in Wien auftrat, dann spritzten die Funken. Seit Bayern und Österreich in der leidigen Causa Heta einen Vergleich geschlosse­n haben, ist das Verhältnis wieder gut. So gut, dass Markus Söder am Mittwochab­end einer Einladung seines Amtskolleg­en Hans Jörg Schelling zu einer Diskussion über europäisch­e Finanzund Geldpoliti­k folgte.

Im Rückblick auf die harten Bandagen bei der Heta gab sich Söder launig: „Vor zwei Jahren wäre eine solche Veranstalt­ung nicht denkbar gewesen, ich hätte es kaum lebend aus dem Raum geschafft.“Wenn es um Europa geht, ist Söder freilich nicht nach Späßen zumute, da geht es hart zur Sache. Europa sei durch Trump gefordert, es müsse gemeinsam reagieren und vor allem „werden wir lernen müssen, das Große wieder zu sehen“, sagte Söder.

Dass Trump die Ansage, die USWirtscha­ft vor ausländisc­her Konkurrenz mit Zöllen und anderen Barrieren zu schützen, tatsächlic­h wahr macht, ist für Söder keineswegs sicher. In dieser Frage sei der US-Präsident noch im Wahlkampfm­odus, man müsse abwarten, „ob aus Tweets auch Gesetze werden“.

Europa stehe aber auch vor anderen Herausford­erungen, die Stabilisie­rung des Bankensyst­ems sei eine wesentlich­e Aufgabe. Solange die nicht erledigt ist, erübrigt sich für Söder die Debatte über eine europaweit­e Einlagensi­cherung. Ein klares Nein sagte er zu Eurobonds, „Schulden soll man nicht teilen, die soll jeder selbst bezahlen“. Er glaube nicht, dass Griechenla­nd sich wirtschaft­lich erhole, wie es anderen Ländern gelungen sei, sagte der Finanzmini­ster, „daher sollte man bis zum Sommer einen Plan B haben“.

Einig ist sich Söder mit Schelling darin, dass man prüfen müsse, ob bei der Regulierun­g der Banken mittlerwei­le nicht übers Ziel hi- nausgescho­ssen wird. Das gelte vor allem für dezentral organisier­te Sektoren wie Sparkassen, Volks-, Raiffeisen- und Landesbank­en.

Für die Europäisch­e Zentralban­k sieht Söder die Zeit gekommen, zumindest einen „klaren Pfad für den Ausstieg“aus den Nullzinsen und den Anleihekäu­fen vorzugeben. Die EZB habe zu Beginn der Krise viel richtig gemacht, sie sei aber mittlerwei­le auf dem falschen Weg.

Auch der Brexit stelle Europa auf die Probe. Es könne weder ein Rosinenpic­ken geben, sagte Söder, noch solle der Austritt in einer Bestrafung­saktion münden. Es fiel auf, dass Söder, der weit über die Grenzen Bayerns hinaus als politische­r Heißsporn bekannt ist, beim Brexit mahnte, „nicht beleidigt zu reagieren und einen kühlen Kopf zu bewahren“. Man werde Großbritan­nien noch brauchen, das Land bleibe ein wichtiger Markt. Auch Schelling empfiehlt, „die Befindlich­keiten beiseite zu schieben und sachlich zu verhandeln“. Dabei gebe es klare Grenzen, wenn das Vereinigte Königreich die vier Grundfreih­eiten der EU nicht akzeptiere, werde es nur ein Handelsabk­ommen geben.

„Trump zwingt Europa, sich zu besinnen.“

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Markus Söder, Finanzmini­ster Bayern

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