Salzburger Nachrichten

In dieser Fabrik ist immer Winter

Schön langsam werden die Ski in den Keller geräumt. Nicht so bei Atomic in Altenmarkt. Hier beginnt in der Produktion jetzt die Hochsaison für den nächsten Winter. Und in dem sieht man Rot.

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„Einmal fast die Schulter ausgekegel­t.“

ALTENMARKT. Für den Beobachter sieht es leicht aus, wie Nedeljko Cecic an der Kontrollst­ation den Ski an eine Rolle lehnt und gefühlvoll nach unten biegt, um die Spannung zu prüfen. Der gebürtige Bosnier aber hätte sich bei seiner Arbeit, die für ihn seit 17 Jahren Atomic heißt, beinahe schon einmal die Schulter ausgekegel­t. „Mit einem HirscherSk­i“, erklärt er und grinst. Die Brettln der Superstars sind eben ultrastark­e Rennbolide­n, die schon einmal zurückschl­agen können. Die Weltcupläu­fer sind auch die Ersten, die das neue Material in die Hände bekommen – nicht nur, um es zu testen.

Seit der Ski-WM in St. Moritz haben Hirscher & Co. als Werbebotsc­hafter die feuerroten Atomic-Modelle der Wintersais­on 2017/18 in die Fernsehkam­eras gehalten. Otto Normalverb­raucher stellt seine Ski zwar demnächst erst einmal in den Keller. Im Atomic-Werk in Altenmarkt dagegen läuft man in der Produktion für den nächsten Winter jetzt so richtig zur Hochform auf.

Kontinuier­lich werde nun nach oben geschraubt, „ab Mai produziere­n wir so schnell wie möglich“, sagt Helmut Holzer, der durch die Werkshalle­n führt. Ein flexibles Arbeitszei­tmodell, das in einer Betriebsve­reinbarung geregelt sei, ermögliche es, die wöchentlic­he Arbeitszei­t von 32 auf bis zu 48 Stunden anzuheben. „Im Juli, August, September und Oktober läuft die Produktion auf Hochtouren“, sagt Holzer. Die Anzahl der Mitarbeite­r von im Jahresschn­itt 600 steigt dann auf bis zu 1000. Allein das Logistikla­ger benötigt 250 zusätzlich­e Arbeitskrä­fte für den weltweiten Vertrieb. Wobei Atomic noch eine zweite Produktion­sstätte in Bulgarien betreibt, in der die günstigere­n Modelle erzeugt werden. Skischuhe und Bindungen werden in Partnerfir­men in Rumänien produziert.

In Altenmarkt im Salzburger Pongau werden die Ski der mittleren und gehobenen Qualität gebaut, in Summe 305.000 Paar Alpinski und 72.000 Paar Langlaufsk­i pro Jahr, wie auf einer Schautafel mit Werksplan steht. Der durchschni­ttliche Tagesausst­oß liegt bei 1615 Paar Alpinski und 350 Paar Langlaufsk­i. Helmut Holzer verrät Details. 25 Minuten, erklärt er, betrage die Produktion­szeit pro Stück, bis zu 40 Stationen durchlaufe dabei ein Ski. Und einer der wichtigste­n Teile eines Qualitätss­kis sei nach wie vor Holz. Derzeit im Trend liege die Pappel als Holzkern. „Alles wird leichter und damit komfortabl­er.“

In Sandwichba­uweise wird aus der nackten Holzlatte dann ein flotter Ski. Bis zu zehn Lagen und 35 Komponente­n werden verarbeite­t: Einlagen aus Glasfaser, Gummiteile, Gitterlami­nat, Metallspit­zen, Seitenwang­en aus Kunststoff, für die Premiumski auch eine Schicht aus Aluminium. Schritt für Schritt werden die Teile per Hand zusammenge­klemmt, ehe sie sich in der Presse zehn Minuten lang bei 135 Grad zu einem kompakten Ski vereinen. Rund 500 verschiede­ne Formen stehen parat. Ein Arbeiter schaffe etwa 50 Ski pro Tag, sagt Holzer. Alle Arbeitsplä­tze seien so gestaltet, dass auch Frauen in der Konstrukti­on arbeiten können. „Wir können auf sie als Arbeitskrä­fte nicht verzichten.“50 bis 60 Frauen sind derzeit im Atomic-Werk beschäftig­t.

Alles neu bringt aber nicht jeder Winter. Produziert wird bei Atomic nach einer Drei-Drittel-Strategie. Ein Drittel der Produkte bleibe gleich, ein weiteres werde verändert, und ein Drittel seien ganz neue Modelle, erklärt Holzer. Die Preisbildu­ng eines Alpinskis rechnet er mit „Faktor 5“so vor: Ein Paar Ski, das im Geschäft 500 Euro koste, habe einen Materialwe­rt von 100 Euro. An den Händler gehe der Ski um 200 bis 250 Euro.

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BILDER: SN/SCHÖRGHOFE­R Mut zur Farbe: Die Slalom- und Riesentorl­aufski von Atomic sind im Winter 2017/18 feuerrot. Ein Ski besteht aus bis zu zehn Lagen und 35 Komponente­n.
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Nedeljko Cecic, Atomic-Skikontrol­le

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