Salzburger Nachrichten

In Straßwalch­en müsste man sein

Sieben Supermärkt­e. 7000 Einwohner. In Straßwalch­en wird die Bezeichnun­g „Marktgemei­nde“konsequent umgesetzt.

- WWW.SALZBURG.COM/FLIEHER JOURNAL Bernhard Flieher

Ich besuche gern immer dieselben Supermärkt­e. Also hauptsächl­ich einen. Der liegt auf einer Strecke, die ich oft nutze, nahe genug, um alles zu Fuß oder mit dem Rad heimzubrin­gen. Das ist praktisch. Außerdem weiß ich, wo in diesem Markt steht, was ich brauche. Ich verbringe dort keine Minute zu viel. Einkaufen muss halt sein. Zeit rauben darf es nicht. Passiert aber dann doch zu oft und ich ärgere mich, weil am Ende der Schlange vor der Kassa die Gelassenhe­it endet. Und jedes Mal, wenn die Post mit Prospekten anderer Supermärkt­e den Briefkaste­n verstopft, überkommt mich vor dem Altpapierc­ontainer die Skepsis: Ist meine monogame Supermarkt-Beziehung zeitgemäß? Müsste ich nicht längst in der flächendec­kenden Versorgung mit Rabatten, Lockangebo­ten und Billigbest­preis verloren gegangen sein? Bin ich also ein Aussterben­der, weil ich immer dasselbe tue, bloß weil das mein Leben so einfach macht? Auf diese Weise schließe ich fremde Shopping-Welten aus, ja ich ignoriere eine große Heldentat des modernen Kapitalism­us: Es wird zu jeder Zeit immer mehr geboten, als überhaupt irgendwer brauchen kann, aber alle finden’s super. Und so denke ich seit Tagen über einen Umzug nach Straßwalch­en nach – dort würde ich es bestimmt anders machen, jeden Tag in einen anderen Supermarkt würd’ ich gehen. Straßwalch­en hat’s nämlich gut. Da wohnen 7000 Menschen. Es gibt einen Schnellbah­nanschluss. Hinten hügelt der Hausruck Richtung Innviertel. Dem Süden zu liegt der Irrsee. Man ist von Straßwalch­en also immer schnell wo, wo es schöner ist. Aber das Wichtigste: Straßwalch­en ist rundum (und damit sind freilich vor allem Ausfallstr­aßen und die an ihnen wuchernden Gewerbegeb­iete gemeint) unglaublic­h versorgt. Es gibt dort sieben Supermärkt­e. Und noch einer soll dazukommen. So war es vor ein paar Tagen in dieser Zeitung zu lesen. Da kommt auf 1000 Einwohner ein Supermarkt. Rekordverd­ächtig. Ich stelle mir das paradiesis­ch vor. Weniger wegen der Raumordnun­g, in der das Land den Geschäftsf­lächen geopfert wurde. Auch die Fassaden der Versorgung­smaschinen werden keine Zier, sondern das Übliche sein. Will ja alles überall gleich erkannt werden! Aber es geht nicht ums Anschauen. Es geht ums Hineinstür­zen in die Auswahl. Und ich stelle mir das herrlich vor, weil sich da 7000 Einwohner auf sieben oder acht Supermärkt­e verteilen. Ich nehme nun an, die kaufen nicht alle gleichzeit­ig ein. Da verteilt es sich. Und bei dieser Dichte an Versorgung muss man sicher an keiner Kassa anstehen. Wahrschein­lich haben die Wurstverkä­ufer deshalb sogar Zeit, die Haut von der Salami abzuziehen vor dem Aufschneid­en. Das ist in anderen Supermärkt­en, wo’s stressig hergeht, ein bisserl abgekommen. Vielleicht wird in den acht Supermärkt­en auf engem Raum sogar gegrüßt, weil die nahe Konkurrenz freundlich macht.

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