In Straßwalchen müsste man sein
Sieben Supermärkte. 7000 Einwohner. In Straßwalchen wird die Bezeichnung „Marktgemeinde“konsequent umgesetzt.
Ich besuche gern immer dieselben Supermärkte. Also hauptsächlich einen. Der liegt auf einer Strecke, die ich oft nutze, nahe genug, um alles zu Fuß oder mit dem Rad heimzubringen. Das ist praktisch. Außerdem weiß ich, wo in diesem Markt steht, was ich brauche. Ich verbringe dort keine Minute zu viel. Einkaufen muss halt sein. Zeit rauben darf es nicht. Passiert aber dann doch zu oft und ich ärgere mich, weil am Ende der Schlange vor der Kassa die Gelassenheit endet. Und jedes Mal, wenn die Post mit Prospekten anderer Supermärkte den Briefkasten verstopft, überkommt mich vor dem Altpapiercontainer die Skepsis: Ist meine monogame Supermarkt-Beziehung zeitgemäß? Müsste ich nicht längst in der flächendeckenden Versorgung mit Rabatten, Lockangeboten und Billigbestpreis verloren gegangen sein? Bin ich also ein Aussterbender, weil ich immer dasselbe tue, bloß weil das mein Leben so einfach macht? Auf diese Weise schließe ich fremde Shopping-Welten aus, ja ich ignoriere eine große Heldentat des modernen Kapitalismus: Es wird zu jeder Zeit immer mehr geboten, als überhaupt irgendwer brauchen kann, aber alle finden’s super. Und so denke ich seit Tagen über einen Umzug nach Straßwalchen nach – dort würde ich es bestimmt anders machen, jeden Tag in einen anderen Supermarkt würd’ ich gehen. Straßwalchen hat’s nämlich gut. Da wohnen 7000 Menschen. Es gibt einen Schnellbahnanschluss. Hinten hügelt der Hausruck Richtung Innviertel. Dem Süden zu liegt der Irrsee. Man ist von Straßwalchen also immer schnell wo, wo es schöner ist. Aber das Wichtigste: Straßwalchen ist rundum (und damit sind freilich vor allem Ausfallstraßen und die an ihnen wuchernden Gewerbegebiete gemeint) unglaublich versorgt. Es gibt dort sieben Supermärkte. Und noch einer soll dazukommen. So war es vor ein paar Tagen in dieser Zeitung zu lesen. Da kommt auf 1000 Einwohner ein Supermarkt. Rekordverdächtig. Ich stelle mir das paradiesisch vor. Weniger wegen der Raumordnung, in der das Land den Geschäftsflächen geopfert wurde. Auch die Fassaden der Versorgungsmaschinen werden keine Zier, sondern das Übliche sein. Will ja alles überall gleich erkannt werden! Aber es geht nicht ums Anschauen. Es geht ums Hineinstürzen in die Auswahl. Und ich stelle mir das herrlich vor, weil sich da 7000 Einwohner auf sieben oder acht Supermärkte verteilen. Ich nehme nun an, die kaufen nicht alle gleichzeitig ein. Da verteilt es sich. Und bei dieser Dichte an Versorgung muss man sicher an keiner Kassa anstehen. Wahrscheinlich haben die Wurstverkäufer deshalb sogar Zeit, die Haut von der Salami abzuziehen vor dem Aufschneiden. Das ist in anderen Supermärkten, wo’s stressig hergeht, ein bisserl abgekommen. Vielleicht wird in den acht Supermärkten auf engem Raum sogar gegrüßt, weil die nahe Konkurrenz freundlich macht.