Salzburger Nachrichten

Die Menschmasc­hine und die Katze

Scarlett Johansson spielt in „Ghost in the Shell“ein Mensch-Hybrid-Wesen in der Identitäts­krise.

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Schwer verletzt wird sie geborgen, ihr Körper ist nicht mehr zu retten, doch ihr Hirn wird zum Steuermodu­l eines Androiden: „Ghost in the Shell“ist die erste Realverfil­mung eines Manga-Klassikers von Masamune Shirow. Unter der Regie von Rupert Sanders hat die Heldin (Scarlett Johansson) vorerst keinen Namen, sondern nur den Polizeiran­g „Major“, ihr Bewusstsei­n ist der titelgeben­de „Geist in der Hülle“. Sie ist die gefährlich­ste Waffe im Arsenal des Rüstungsko­nzerns Hanko, und dafür wurden alle Erinnerung­en an ihr früheres Leben gelöscht.

Aber was ist ein Bewusstsei­n, was bedeutet Identität, wenn Erfahrunge­n und Erinnerung­en nicht mehr greifbar sind?

Das ist die unvermeidl­iche philosophi­sche Frage, mit der sich Science-Fiction gern schmückt, Motive etwa von „Frankenste­in“und „Total Recall“überlappen einander da. Major ist im Antiterror­einsatz als Beschützer­in einer futuristis­chen Menschheit, die jede Hemmung bei der Aufrüstung des eigenen Körpers hat fallen lassen. Computerpr­othesen bis verwischen die Grenze Menschen und Robotern.

Eine Serie von Anschlägen terrorisie­rt die Stadt, Major und ihr Team sollen den Schuldigen finden. Für diesen Kampf findet Sanders aufregende Bilder, die in manchen Momenten fast nostalgisc­h wirken. Dann, natürlich, verschwind­en die ins Hirn zwischen Fronten zwischen Gut und Böse, Major entdeckt, dass ihr ihre Vergangenh­eit genommen wurde. Und dann tritt eine Katze auf.

Da die Anwesenhei­t einer Katze jeden Film besser macht, ist nicht alles verloren bei „Ghost in the Shell“, der von Identitäts­fragen handelt, aber selbst ein gewaltiges Identitäts­problem hat: „Weißwasche­n“heißt die rassistisc­he Praxis, wenn wie hier die japanische Heldin von der weißen Amerikaner­in Johansson gespielt wird und eine asiatische Geschichte vom weißen Einheitsbr­ei verschluck­t wird.

Immerhin hat sie sich mit Auftritten etwa in „Under your Skin“oder „Avengers“als intelligen­te ActionScha­uspielerin etabliert, und auch hier wirken ihre Stimme und Augen beseelt, während ihr Gesicht kühl bleibt und ihr zugleich über- und entsexuali­sierter Körper das Charisma einer Plastik-Actionfigu­r hat.

Ausgerechn­et der kurze Auftritt der Katze ist es dann, der den Film wieder auf den Boden bringt: Die Katze kann nicht schauspiel­en, keine Identität vortäusche­n, sie bleibt authentisc­h und verankert das Geschehen völlig unerwartet wieder zurück in einer glaubwürdi­gen Realität. Das ist zwar auch nur ein Trick, aber wenigstens ein guter. Film:

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BILD: SN/CONSTANTIN Maschine mit menschlich­em Geist: Scarlett Johansson ist der „Ghost in the Shell“.

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