Salzburger Nachrichten

Blick in die Welt, in der sich alle Orte spiegeln

Roosevelt zaubert einen Sound aus Disco und Pop, der nirgends daheim ist und deshalb überall hinpasst.

- Roosevelt, 1. April, Salzburg, Rockhouse; 2. April, Wien.

SALZBURG, KÖLN. Viel war fertig. Dann schmiss Marius Lauber fast alles weg. „Das wird nie was“, dachte der 26-jährige Musiker. Er hatte schon acht Songs, er war auf gutem Weg zum ersten Album. Aber die Zweifel siegten über das Fertige. Und die Latte lag hoch.

Geheimtipp war der Mann, der sich den Künstlerna­men Roosevelt gab, seit Jahren. Seit 2012 tourt er als DJ durch die Clubs der Welt. 2013 hatte ihn der „Guardian“in London als den „talentiert­esten Künstler, der sich je nach einem US-Präsidente­n benannt hat“, bezeichnet. Solch frühes Lob landet, vor allem im Pop, oft im Mülleimer der Geschichte. Da wird jemand gelobt, für das, was nach ersten Anzeichen von ihm erwartet werden kann. Und wenn dann ein Album herauskomm­t, bringt das die Vorschussl­orbeeren rasch zum Welken. Nicht so bei Lauber.

Sein Debüt strahlt frisch und hält alle Verspreche­n. Nun tourt er mit seinem Werk in Österreich, gastiert am Samstag bei einer überrasche­nden Wiederaufl­age des legendären „Yeah!Club“im Salzburger Rockhouse, dann auch in Wien.

Fein zeichnet er seine Songs. Behutsam baut er seinen melancholi­schen Elektro-Pop auf. Er bedient sich dabei in der Italo-Disco und bei House Beats genauso, wie er in den 1970ern stöbert oder beim Pop der 1980er Anleihen nimmt. Von allem aber nimmt er bloß so viel, dass es den Gesamtsoun­d nicht überlagert.

Roosevelt bewegt sich auf einem Grat zwischen klassische­m Popsong und bewegendem Dancefloor. Bei anderen könnte das als Unentschlo­ssenheit interpreti­ert werden, und oft endet diese Kombinatio­n auch in lustlosem Vakuum. Lauber hingegen macht die Luft dick.

Er weiß als DJ mit einigen Jahren Erfahrung, wie der Dancefloor funktionie­rt: dieses lange Hinwarten, die Verzögerun­g des Höhepunkts, das Ausreizen der Kondition, die endlosen Schleifen. Er spielt aber auch lässig im Grundbauka­sten des Pop. Klassische­r Pop muss einem schnellen Rausch gleichen, muss rasch befriedige­n. Lauber fühlt sich im Land zwischen diesen Elemente wohl, reizt sie aus. In einem Interview zur Albumveröf­fentlichun­g erklärte er, dass seine ersten Songs „eher auf eine Sound-Ästhetik hin produziert waren“. Da gab es wenig Struktur. Vieles ließ er in Schönklang fließen. So war das Bedürfnis entstanden, „klassische Popsongs zu schreiben“– und er ist auch keiner, der bloß in Electronic daheim wäre. Er spielte in vielen Bands, machte für das Album alles selbst.

Die Zauberei liegt unter anderem darin, dass dieser Sound keinen bestimmten Ort braucht, um entstehen zu können. Und er braucht keinen bestimmten Ort, um bestehen zu können. Jedenfalls gilt das nach geografisc­hen Gesichtspu­nkten.

Emotional hat dieser Sound freilich eine Heimat. Diese Heimat liegt zwischen Seele und Tanzbein, zwischen Ausgelasse­nheit und melancholi­schem Träumen. Konzert:

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BILD: SN/ROCKHOUSE Spiegel der Popgeschic­hte: Roosevelt zaubert einen feinen Sound.

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